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Constant Directivity

Rundstrahlverhalten von Hörnern

Wenn es:
- sehr laut werden muss,
- oder der Wirkungsgrad sehr hoch sein muss (weil z.B. bei Röhrenverstärkern nur sehr wenig Leistung zur Verfügung steht)
- oder wenn der Schall gerichtet abgestrahlt werden muss
kommt man an Hörnern nicht vorbei.

Als ideale Abstrahlcharakteristik gilt heute das Constant Directivity Verhalten (kurz: CD-Verhalten). Das bedeutet:
- der Frequenzgang auf Achse und unter Winkeln ist weitgehend gleich
- nur der Pegel nimmt mit zunehmendem Winkel zunehmend ab

Dadurch erreicht man, dass der Klangeindruck unter allen Winkeln weitgehend gleich bleibt. Aber am Hörplatz kommt ja nicht nur Direktschall an sondern auch Reflexionen - die bei einem CD-Horn weitgehend dieselbe Klangfarbe haben wie der Direktschall . . .

Eine Schalldruckmessung unter Winkeln sähe dann prinzipiell so aus:

Wenn man daraus den winkelgewichteten Schalldruck und den Bündelungsgrad bestimmt sieht das so aus:

Simuliert man das in ARTA kann man das so darstellen:

In der Realität ist dies nur bedingt erreichtbar:
- bei tiefen Frequenzen ist das Horn oft nicht groß genug um die Richtwirkung aufrecht zu erhalten
- bei hohen Frequenzen fällt der Frequenzgang stärker ab

Dann sehen die Kurven tendenziell so aus:


Hinweis: der "eckige" Verlauf der obigen Kurven wurde durch Shelving-Filter angenähert um ARTA gefilterte Dirac-Impulse unterzujubeln

Reale Hörner zeigen das ideale Constant-Directivity-Verhalten also nur im mittleren Arbeitsbereich (hier etwa von 1.1 bis 5 kHz):
- bei tieferen Frequenzen ist die Mundfläche oft nicht groß genug um die Bündelung aufrecht zu erhaöten
- bei höheren Frequenzen kommen Bündelungseffekte aufgrund der Treibergröße hinzu

Ein CD-Horn wird üblicherweise auf den Hörer ausgerichtet um den maximalen Schalldruck am Hörplatz zu erzielen und so den Anteil des Direktschalls zu maximieren.

Im Heimkino werden CD-Hörner oft "zu stark" eingewinkelt, so dass sie sich ihre Hauptstrahlachsen vor dem in der Mitte sitzenden Hörer kreuzen. Das freut z.B. den rechts daneben sitzenden Hörer, der nun vom linken Horn (das ja etwas weiter von ihm entfernt und daher eigentlich etwas leiser ist) etwas mehr Pegel abbekommt (weil er näher an der Hauptstrahlachse sitzt) und vom rechten Horn (das ja etwas weniger weit von ihm entfernt und daher eigentlich etwas lauter ist) etwas weniger Pegel abbekommt (weil er weiter von der Hauptstrahlachse entfernt sitzt). So lässt sich erreichen, dass die Mittenortung auch auf den seitlichen Plätzen noch gut funktioniert. In diesem PDF (Quelle: http://www.avsforum.com/attachments/65007) wird das sehr gut darstellt.

Speziell für die Eckaufstellung im Heimkino wurden die SEOS-Waveguides (= Super Elliptical Oblate Spheroid) im amerikanischen AVS-Forum entwickelt.

Ein Blick zurück . . .

Am Anfang des Artikels hieß es: "Als ideale Abstrahlcharakteristik gilt heute das Constant Directivity Verhalten (kurz: CD-Verhalten)".

Früher wurden große HiFi-Boxen mit Hörnern (wie die ELECTRO VOICE Sentry III) direkt an die Wand gestellt, da musste der Schalldruck unter 30° (= Richtung Hörplatz) maximal sein. So sieht dann das Rundstrahlverhalten des Mitteltonhorns der Sentry III (s. HSB-Datenblatt) aus:

Bezieht man den Schalldruckverlauf unter X° auf den Verlauf bei 0° sieht das gar nicht nach CD-Verhalten aus:

Bezieht man das aber auf den Schalldruck unter 30° sieht es schon weniger schlimm aus . . . :

Die Schwankungsbreite reduziert sich von +7/-10 dB (relativ zur 0°-Kurve) auf +3/-8 dB (relativ zur 30°-Kurve).

Bei Nachbauten des Klipsch-Eckhorns wurde häufig das ACR/FOSTEX H220 mit dem FOSTEX D800 eingesetzt (s. HSB-Datenblatt). Hier standen die Lautsprecher in der Ecke, die Hauptstrahlachsen kreuzten sich häufig vor dem Hörplatz (s.o.). Und so sahen die Frequenzgänge unter Winkel aus (unter 600 Hz sind die Messungen wegen des großen Messabstandes von 150 cm durch Raumreflexionen kontaminiert):


Hinweis: unter 600 Hz sind die Messungen wegen des großen Messabstandes von 150 cm durch Raumreflexionen kontaminiert

Zwischen 600 Hz (s.o.) und 4.5 kHz strahlt diese (immerhin schon fast 50 Jahre alte) Kombination sehr breit und schön gleichmäßig nach CD-Manier ab, darüber bündelt sie sprunghaft stärker.

Zum Abschluss noch das Rundstrahlverhalten des SEOS-30 mit dem B&C DCX-464 (s. HSB-Datenblatt) - so schön gleichmäßig kann das Rundstrahlverhalten eines Horns heute sein . . .

Richtwirkung MT (< 3kHz) + HT (>3 kHz) grafisch kombiniert (horizontal), Glättung 1/6 Oktave, Auflösung 10° (0°-90°):

Richtwirkung MT (< 3kHz) + HT (>3 kHz) grafisch kombiniert (vertikal), Glättung 1/6 Oktave, Auflösung 10° (0°-90°):

-> bis 8 kHz sehr schönes CD-Verhalten, darüber moderate Zunahme der Bündelung

Weitere Messungen von Treiber-/Hornkombinationen finden Sie z.B. unter Datenblätter/Hochtöner. Hier eine Liste der bisher gemessenen Treiber-/Horn-Kombinationen:

CELESTION CDX1-1430 MONACOR MRH-200 und EIGHTEENSOUND XT1086 Hochtöner HSB-Datenblatt
SICA HFU 6x8 SICA HFU 6x8 Hochtöner HSB-Datenblatt
BMS 4554 P-AUDIO PH-316 und EIGHTEENSOUND XT1464 Hochtöner HSB-Datenblatt
EIGHTEENSOUND ND1460 LIMMER 033 Hochtöner HSB-Datenblatt
D.A.S. ND-8 JABO KH-53 Hochtöner HSB-Datenblatt
BMS 4544 RCF HF101 Hochtöner HSB-Datenblatt
CELESTION CDX1-1425 EIGHTEENSOUND XT120, IMG STAGELINE MRH-180 und FAITAL PRO STH-100 Hochtöner HSB-Datenblatt
BMS 4540 STEREOLAB SL16 Hochtöner HSB-Datenblatt
CELESTION CDX1-1747 P-AUDIO PH-3220 (= MONACOR MRH-200) Hochtöner HSB-Datenblatt
REDCATT 140FCDX4 LAVOCE HD1004 Hochtöner HSB-Datenblatt
SB-AUDIENCE Rosso-65-CDN-T (Joseph Crowe Modifikation) SB-AUDIENCE H280 Hochtöner HSB-Datenblatt
BMS 4590 STEREOLAB SL250 Koaxialchassis HSB-Datenblatt
BMS 4590 JABO KH-53 Koaxialchassis HSB-Datenblatt
BMS 4590 TOA LE-640 Koaxialchassis HSB-Datenblatt
B&C DCX-464 SEOS-24 Koaxialchassis HSB-Datenblatt
B&C DCX-464 SEOS-30 Koaxialchassis HSB-Datenblatt
JBL 2446H JBL 2385A Historische Chassis HSB-Datenblatt
ELECTRO VOICE M1827 ELECTRO VOICE SM-120A Historische Chassis HSB-Datenblatt
FOSTEX D800 FOSTEX H220 Historische Chassis HSB-Datenblatt

In Kürze folgen noch weitere Messungen von einem Multicell-Horn und einem Smith-Horn . . .

Kommentare

Holzkeule
2 wochen vor
Schöner Bericht!
Wenn es um constant directivity geht, lohnt ein Blick auf die Advanced Transition Horns.
www.at-horns.eu
Webster1919
3 wochen vor
Da stimme ich FlorianK absolut zu. Ohne DSP- und Dirac-Einsatz kann man
nach heutiger Erkenntnis alle Hörner vergessen. Das beste Horn verliert passiv immer gegen schlechte Hörner, die aber aktiv-DSP-Dirac aufgepäppelt werden.
Es erstaunt den DIYer, dass die meisten Fertigprodukte mit Hörnern für unfassbar viel Geld passiv angeboten werden. Schade, das Herr Speth seine Goto-Hörner nicht von HSB unter Dirac-Einsatz untersuchen lässt. Das hätte mich schon interessiert, was da raus gekommen ist. Ähnlich sieht es bei den Jüngern der Sato-Fraktion aus. Da findet man Konstruktionen, wo das Horn in der Ecke auf dem Boden steht und davor einen dicke Induktivität. Da soll dan der Olymp der Musikwiedergabe sein, da kommen mir große Zweifel.
FlorianK
2 wochen vor
zitiere Webster1919:
Da stimme ich FlorianK absolut zu. Ohne DSP- und Dirac-Einsatz kann man
nach heutiger Erkenntnis alle Hörner vergessen. Das beste Horn verliert passiv immer gegen schlechte Hörner, die aber aktiv-DSP-Dirac aufgepäppelt werden.l.

Naja soweit würde ich mal nicht gehen. Aber ich sehe durch sehr Viele Anhörungen schon - das Hörner aktiv und mit Raumprogramm eigentlich immer noch eine Schaufel mehr drauf bekommen. Es wird mit Sicherheit klasse passiv Konstruktionen 6dB Lösungen geben - aber die Frage ist: was geht da mehr. Aber das ist nicht nur bei Hörnern so. Aber - ich stimme dir zu : Hörner sind schon Zicken. Ich gehe diese Glaubenskriege auch nicht mehr ein. Röhre und 6dB soll der machen der will. Wenn das dann die Krönung ist.....sollte man vielleicht mal grundlegend einen Termin beim Orthopäden machen - oder wie die heißen die Ohren säubern.... :D
Jeder wie er will......
Webster1919
3 wochen vor
Erstklassige Zusammenstellung und Analyse des CD-Verhaltens von Hörnern!
Das hat mit Sicherheit ziemlich viel Mühen bereitet. Mein Dank dafür.
Zwei Anmerkungen möchte ich dazu machen:
der ideale Bündelungsgrad wird von Kugelwellenhörnern schon ziemlich gut dargestellt (siehe Jabo KH53).
Und CD-Verhalten ist bei Hörnern nicht das allein seelig machende Kriterium, ich möchte nur Reflektionen und Störungen bei der Wellenfortpflanzung im Horn erwähnen. So hat Jean-Michel LeCléac'h den Oblate Spheriodal Waveguides zwar ein deutlich besseres CD-Verhalten attestiert (das Bündelungsverhalten seiner LeCléac'h-Hörner ist in der Tat eine Katastrophe), dafür sind sie anfällig für High Order Modes. Schlussendlich muss man sein Ohr dran halten. Die Fostex-Kombi hatte ich vor etwa vier Jahrzehnten selbst, und obwohl der Anschluss nach oben und unten laut FG sehr ordentlich war, bin ich nie richtig glücklich gewesen.
FlorianK
3 wochen vor
Das Problem sind die seitlichen Reflexionen. Die H220 haben mega profitiert in der passiv-Variante wenn man zB Basotec seitlich in die Nähe brachte. Zum Beispiel sehr wichtig bei Eckhörnern. Richtig gut wurde es bei Aktiv-Dirac Betrieb. Damit wurde die sehr deutlich besser. Wenn ich Resumiere sind recht viele auch der alten Klassiker gut - in Verbindung Aktiv-Dirac. Das SM120A; H200; TOA und auch HR9040A wurden mehr als gut ( gelogen - das SM120A nur Mittelmaß- aber um Welten besser als das Original / Passiv oder Aktiv). Dirac.....oder eben ähnliche Systeme sind ein mega Zugewinn. Ich hatte alle diese Hörner bzw habe die teilweise noch - das wird einfach klasse. Mal sehen ob ich irgendwie nochmal eine Konstruktion mit dem JBL2360 umsetze........
b_force
3 wochen vor
Sehr guter Artikel!

Ich denke, die Art und Weise, wie die meisten Menschen den Begriff „konstante Direktivität“ verwenden, ist etwas irreführend.
Das scheint ursprünglich von Floyd Toole zu stammen, aber wie du in diesem Artikel erwähnt hast, zeigt nur das erste Diagramm eine wirklich konstante Direktivität.

Ich finde, eine deutlich treffendere Bezeichnung wäre „lineare Direktivität“.

Vielen Dank wie immer!
FlorianK
3 wochen vor
Klasse Bericht. Schade das ihr das HR9040A nicht auch so messen konntet. Wäre sehr interessant im Vergleich. Wenn ich dazu das TOA sehe würde ich folgern das ein JBL2360 auch super Ergebnisse liefern würde. Die letzten Jahre habt ich sehr schöne Berichte Erstellt zu dem Thema. Es wurde viel bestätigt was ich als Hobbyhörer leider nur per Gehör ermitteln konnte - wie das SM120A und auch das Fosrex 220. Bei den Neuen sehe ich die SEOS weit vorn. Wäre cool wenn Harry mal seine JBL verbauen würde.
Danke - schöner Bericht !!

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