Aktivierung eines JBL 4430-Klon
In allen Bereichen gibt es "Klassiker", deren Qualität damals und heute zu überzeugen weiß. Im Bereich der Studiomonitore zählt der JBL 4430 mit dem legendären "Arschbacken"-Horn sicher zu den Klassikern - an dessen Neuinterpretation wir uns mit der HighLive ja schon gewagt hatten.
Seit vielen Jahren empfehlen wir hochwertige Projekte in Aktivtechnik mit DSP-Weichen zu realisieren. Wie wir da vorgehen wird in unserem Artikel DSP-Weichen richtig einstellen erklärt.
Obwohl unser Abonnent Emilio diesen Artikel mehrmals gelesen hat und hardwaremäßig schon alles am Laufen hatte (DSM-260, 6-Kanal-Endstufe ROTEL RB-976, Messtechnik mit IOS-App und MicW i436) kam er mit seinem Aktivierungsprojekt (einem JBL 4430-Klon) nicht so recht weiter - und bat uns schließlich um Hilfe.
Am Beispiel dieses Projekts wollen wir noch einmal im Schnelldurchgang zeigen wie wir dabei vorgehen. Und wer dann immer noch nicht damit klar kommt darf uns auch gerne zum Einstellen buchen . . .
Das "Vorspiel":
Bevor man mit der akustischen Einmessung beginnt sollte man sicher stellen, dass:
- alle Lautsprecher intakt sind (z.B. durch Impedanzmessung oder Messung des Schalldrucks in z.B. 20 cm Abstand um Raumeinflüsse auszublenden). Beide Chassis (links und rechts) sollten dabei weitgehend identische Ergebnisse liefern, da wir normalerweise empfehlen oberhalb der Schröder-Frequenz die linke und rechte Box identisch zu entzerren
- alle Lautsprecher richtig gepolt angeschlossen sind. In 1 von 10 Fällen stimmt das nämlich nach unseren Erfahrungen nicht, und dann kommt man ins Schwimmen (bei Emilio war z.B. ein Tieftöner verpolt)
- die Endstufen alle gleich laut sind. Dazu am besten ein Signal (z.B. 50 Hz, 100 mV) nacheinander an alle Eingänge anschließen und die Ausgangsspannung mit einem Multimeter messen.
Abweichend davon empfiehlt sich bei Lautsprechern mit Hornsystemen und in der Empfindlichkeit einstellbaren Endstufen häufig die Endstufen der (in der Regel deutlich lauteren) Hornsysteme deutlich leiser einzustellen (also z.B. nur 50% (= - 6 dB) oder 25% (= -12 dB) des Ausgangspegels der anderen Kanäle) - die DSP-Weiche auf linear gestellt ist. Ggf. das Spiel unter Punkt 3 wiederholen
- die Lautsprecherboxen richtig aufgestellt sind (z.B. gleicher Abstand zur Rückwand, ggf. gleicher Abstand zur Seitenwand, ggf. gleiche Einwinkelung) und der Hörplatz richtig gewählt ist (gleiche Entfernung zu den Lautsprecherboxen). Eventuell zwischen Lautsprechern und Hörplatz aufgestellte Tische sollten für die Messung entfernt oder mit einer dicken Decke abgedeckt werden um die Messungen möglichst wenig zu verfälschen.
Dann kann es eigentlich losgehen. Bei jedem einzelnen Chassis sollte nun der Frequenzgang am Hörplatz gemessen werden. Bei den meisten Lautsprechern kann man bei der Messung von 20 bis 20000 Hz anregen und muss kein Hochpass-Filter davor schalten, nur bei "echten" Bändchen-Hochtönern ist Vorsicht geboten (s. Der dynamische Lautsprecher im Wandel): hier sackt die Impedanz bei tiefen Frequenzen bis auf den Innenwiderstand der verstärkerseitigen Wicklung des Übertragers ab. Außerdem führt das Bändchen hohe Auslenkungen aus, da es nicht durch ein Luftpolster daran gehindert wird. Hier empfiehlt sich die Begrenzung des Anregungsspektrums durch ein entsprechendes Hochpassfilter der DSP-Weiche (z.B. 24 dB/Oktave, ca. 1 Oktave unterhalb der geplanten Einsatzfrequenz).
Die Messung:
Bei der Hörplatzmessung empfehlen wir eine Rauschanregung mit rosa Rauschen und eine Mittelung über ca. 10 Sekunden (die Anzahl der Mittelungen ist dann von den FFT-Parametern abhängig). Die Rauschanregung erlaubt eine räumliche Mittelung während der Messung durch "Abwedeln" eines Bereichs um die Mitte des Kopfes herum (z.B. +/- 25 cm seitlich, +/- 20 cm nach vorne/hinten und +/- 15 cm nach oben/unten -> das Mikrofon "umfährt" den Kopf quasi wie ein Planet die Sonne). Diese räumliche Mittelung ergibt weitgehend dieselben Ergebnisse wie eine energetische Mittelung von mehreren Einzelmessungen auf der "Umlaufbahn" wie wir in unserem Artikel Messen ohne RAR beschrieben haben - nur viel schneller ;-) Durch die räumliche Mittelung wird das Messergebnis hörphysiologisch sinnvoll geglättet und ist so einfacher zu interpretieren.
Beim Wedeln zeigt das Mikro immer nach oben, dafür wird ein unter 90° kalibriertes Mikrofon benötigt (s. Mikrofonkalibrierung bzw. Shop Messtechnik)
So sieht es bei Emilio im Keller aus:
Von den Oberteilen (JBL 4716) wurde nur der Hochtöner genutzt, daher stand die Box "falsch herum" auf der Bassbox.
Und so sah dann der Frequenzgang der Einzelchassis aus:
-> die beiden Hochtöner verhalten sich sehr ähnlich, zeigen aber 3 Resonanzspitzen im Übertragungsbereich bei 1.7, 2.6 und 3.8 kHz
-> beide Tieftöner zeigen unterhalb von 100 Hz ein sehr ähnliches Verhalten (Überhöhung bei 34 Hz, Einbruch bei 55 bzw. 67 Hz), darüber sind sie aber unterschiedlich (die linke Box ist "verzappelter")
Schon an dieser Stelle ergibt sich durch die Wedelmessung und die Möglichkeit die Ergebnisse abzuspeichern, zu kommentieren und beliebig übereinander zu legen ein großer Vorteil gegenüber der bisherigen iPad-basierten Lösung von Emilio: die Messergebnisse sind jetzt deutlich weniger "verzappelt" als vorher und können so einfacher interpretiert werden.
Wir verwenden zum Messen das Programm JustOct, welches unsere Abonnenten gratis nutzen können. Man kann aber auch andere Tools benutzen, wie z.B. ARTA im FR1-Modus (s. Messen für Dummies (Teil 1). Aber auch andere Tools können genutzt werden - sofern sie eine Rauschanregung erlauben (denn nur dann ist eine Wedel-Messung sinnvoll).
Interpretation der Messergebnisse im Bassbereich:
Die Überhöhung bei 34 Hz und die Einbrüche bei 55 bzw. 67 Hz sind durch die Aufstellung der Lautsprecher im Raum und die Wahl des Hörplatzes zu erklären. Dazu verwenden wir gerne den HUNECKE-Raumrechner:
Im Vorfeld hätte man die Aufstellung der Lautsprecher sicher optimieren können, das war in diesem Fall jedoch nicht das primäre Ziel. Außerdem sollte die Box später ohnehin in einem anderen Raum betrieben werden.
Zielvorgaben:
Wenn man dann ggf. die Aufstellung der Lautsprecher und die Wahl des Hörplatzes optimiert hat muss man aus der Situation das Beste machen und sich Ziele setzen:
- Für den Über-Alles-Frequenzgang am Hörplatz
- Für die mögliche(n) Trennfrequenz(en) und Trennsteilheit(en)
Für den Über-Alles-Frequenzgang haben wir in den letzten Jahren immer wieder festgestellt, dass UNS ein kontinuierlich abfallendes Verhalten mit ca. 2 bis 3 dB pro Frequenzverzehnfachung (= Dekade) am besten gefällt. Ein Abfall von 3 dB/Dekade empfiehlt sich für eher warm klingende, große Boxen, während ein Abfall von 2 dB/Dekade eher für kleinere Boxen angebracht ist. Diese Angaben gelten für den Frequenzgang am Hörplatz bei Hörabständen > 2.5 m (= Diffusfeld). Für den Frequenzgang des Direktschalls (= Freifeld) ist nach wie vor ein weitgehend lineares Verhalten wünschenswert - aber im Zweifelsfall ist UNS der kontinuierlich am Hörplatz abfallende Frequenzgang wichtiger.
Daher sind neben Messungen am Hörplatz (mit nach oben gerichtetem Mikrofon und 90° Kalibrierung) auch Messungen in der Nähe der Lautsprecher nötig. Dafür muss das Mikrofon in ca. 20 cm Abstand vom jeweiligen Chassis auf Achse positioniert und die 0° Kalibrierung verwendet werden. Bei der Überprüfung des Übergangsbereichs zwischen 2 Chassis sollte das Mikrofon in ca. 50 cm Abstand positioniert werden mit einem Wegunterschied zu den einzelnen Chassis, wie er auch am Hörplatz auftritt (damit die Laufzeitunterschiede realistisch nachgebildet werden).
Schall-Entstehungs-Ort (kurz: SEO): Näherungsweise liegt der SEO in der Ebene der Schwingspule. Da die Schallgeschwindigkeit in festen Stoffen (wie z.B. Schwingspulenträger) jedoch deutlich höher ist als in Luft kann man bei Konuschassis näherungsweise auch den Übergang zwischen Schwingspulenträger zur Membran als SEO betrachten. |
Für die Festlegung der Trennfrequenz sind zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen (siehe auch DSP-Weichen richtig einstellen):
- je höher die Trennfrequenz ist, desto stärker bündelt das "tiefer übertragende" Chassis und desto stärker ist üblicherweise der Sprung der Richtwirkung zwischen den beiden beteiligten Chassis
-> die optimale Trennfrequenz wäre in einem Bereich, in dem die Richtwirkung ähnlich ist - je höher die Trennfrequenz ist, desto stärker wird das "höher übertragende" Chassis mechanisch und elektrisch entlastet, dafür muss sich das "tiefer übertragende" Chassis höher quälen und produziert dort in der Regel höhere Verzerrungen als das "höher spielende" Chassis bei derselben Frequenz
-> die optimale Trennfrequenz wäre so tief wie möglich ohne das "höher spielende" Chassis zu stressen
Messungen der einzelnen Chassis unter verschiedenen Winkeln (Messabstand ca. 50 cm, ggf. horizontal und vertikal) und Klirrfaktormessungen bzw. subjektive Beurteilung von Sinussweeps helfen dabei sinnvolle Trennfrequenzbereiche festzulegen.
ACHTUNG: eine Frequenzgangmessung ALLEINE reicht dazu in aller Regel NICHT aus!!!
Zum Glück hatten wir bei dem gerade abgeschlossenen HighLive-Projekt ausreichend Erfahrung mit 38er Tieftönern gesammelt. Die bei der HighLive realisierte Trennfrequenz von 800 Hz ließ sich hier leider nicht übernehmen, da der Hochtöner nicht tief genug spielte. Daher orientierte ich mich an der originalen Trennfrequenz von 1000 Hz (s. JBL 4430/4435 Studio Monitors) und legte vorsichtshalber noch 100 Hz drauf.
Zur Abstimmung von DSP-Weichen haben wir uns ein Tool gebastelt, in das wir die gemessenen Frequenzgänge laden und dann die Zielfrequenzgänge der Einzelchassis vorgeben können. Dann kann man so lange "virtuell" an den Einstellmöglichkeiten drehen bis das Ergebnis gut aussieht. Diese Einstellungen muss man dann von Hand in die jeweilige DSP-Weiche übertragen und kann dann das Ergebnis messen. So sehen dann die Teilfrequenzgänge aus:
Hinweis: die Welligkeit zwischen 400 und 1000 Hz ist in z.B. 50 cm Messabstand so nicht zu erkennen
Hinweis: das Shelving-Filter (Hochtonanhebung) konnte leider nicht simuliert werden
Natürlich kann man das Ganze auch ohne das Tool machen. Dann muss man sich die Zielfunktion von Hand basteln (ASCII-Datei) und es dauert halt deutlich länger und man muss deutlich öfter messen ;-)
Überlagerung im Übergangsbereich:
Für die genaue Überlagerung im Übergangsbereich empfiehlt sich eine Messung in 20 bis 50 cm Abstand. Da bei dieser Kombination Tief- und Hochtöner relativ weit auseinander liegen wurde ein Messabstand von 50 cm gewählt. Dort war dann auch die Welligkeit des Tieftöners deutlich weniger ausgeprägt (in 5 cm Messabstand vom Tieftöner war zwischen 400 und 1000 Hz gar keine Welligkeit mehr zu erkennen). Aus Erfahrung haben wir dann darauf verzichtet, die Welligkeit am Hörplatz zu entzerren, denn das Ohr/Gehirn interpretiert eine Überlagerung aus Direktschall und kurze Zeit später eintreffenden Reflexionen anders als sie ein Messmikrofon misst (s. Hass-Effekt im Artikel Raumakustik im Detail (Anfänger)).
Wenn beide Flanken des Tief- und Hochpassfilters der (in der Regel symmetrischen) Zielfunktion folgen kann man z.B. mit einer Verpolung bzw. einem Zeitversatz die Summenbildung beeinflussen. Bei einem idealen 18 dB-Filter treffen sich beide Zweige bei - 3 dB und weisen eine Phasendifferenz von 270° auf, daher müssten beide Varianten (gleich oder ver-polt) bei der Übernahmefrequenz theoretisch denselben Summenpegel ergeben - wenn denn der Zeitversatz richtig eingestellt wurde. Dabei geht es nicht nur darum, den Zeitversatz bedingt durch unterschiedlich "tief" liegende Schwingspulen zu kompensieren, denn auch ein Tief- bzw. Hochpassfilter sorgt je nach Filtersteilheit und Trennfrequenz für eine Signalverzögerung.
Wir empfehlen an dieser Stelle etwas mit dem Zeitversatz (Delay) herum zu spielen und das Ergebnis zu messen, so bekommt man ein Gefühl für die korrekte Einstellung dieses Parameters. Eine Optimierung im Zeitbereich (z.B. Überlagerung der Spitzen der Impulsantwort) führt in der Regel nicht zum Erfolg - obwohl das so schön anschaulich ist. Für Fehler im Zeitbereich sind wir glücklicherweise nicht so empfindlich, dafür reagieren wir aber umso empfindlicher auf Fehler im Amplituden-Frequenzgang. Dies kann man sehr schön in unserem Beitrag Zeitrichtig - schon wieder oder immer noch? nachvollziehen.
Schlußendlich ergibt sich dann am Hörplatz folgender Frequenzgang:
Am Hörplatz taucht der "Durchhänger" des Tieftöners bei 750 Hz dann wieder als Senke auf. Ansonsten verläuft der Frequenzgang zwischen 100 und 6000 Hz leicht oberhalb der von UNS favorisierten Ideallinie. Wenn man den Bereich um 7.2 kHz noch etwas anheben würde (+2 dB, Q=5) wäre der Verlauf noch gleichmäßiger. Ob das dann auch als besser empfunden würde lässt sich erst durch ausgiebiges Hören bekannter Stücke herausfinden. Das kann der Besitzer des JBL 4430-Clones dann in Ruhe ausprobieren - ein wesentlicher Vorteil einer digitalen Frequenzweiche . . .
Ein kurzer Hördurchgang in diesem Stadium zeigt, dass diese Abstimmung schon ziemlich nah am Optimum ist - jetzt kann man nur noch durch ausgiebiges Hören Anregungen bekommen wo es noch etwas mehr/weniger sein darf/muss. Auch in der Variante 1 und 2 gab es schon einen kurzen Hördurchgang, hier war aber jeweils recht schnell klar dass da noch etwas verbessert werden musste . . . .
Neben der Einzelmessung macht es zumindest im Bassbereich häufig Sinn auch beide Tieftöner gleichphasig zu betreiben, da tiefe Töne unter 100 Hz bei der Abmischung häufig gleichmäßig auf beide Kanäle verteilt werden. Im Mittel-/Hochtonbereich erfolgt die Überlagerung meist unkorreliert, hier ist eine gleichphasige Anregung unrealistisch und würde nur zu Kammfilter-Effekten führen - wenn man nicht wedelt ;-)
-> andere Überlagerung insbesondere unter 150 Hz
Raumakustik:
Wo ich schon mal dabei war habe ich gleich auch noch die Nachhallzeit gemessen (s. Nachhallzeiten messen (Anfänger)). Dazu wird z.B. ein Rauschsignal auf die Lautsprecher gegeben und dann abgeschaltet - aus dem Abklingen wird dann die Nachhallzeit ermittelt:
-> die Nachhallzeit liegt (mit Teppich und Sitzauflagen im hinteren Bereich) in weiten Frequenzbereichen im Zielkorridor
-> es gibt aber ein Problem um 200 Hz rechts (Wellenlänge = 172 cm), hier ist der Abstand zur Seiten- und Rückwand gleich, außerdem gibt es rechts eine Glastür
-> oberhalb von 1 kHz bewegt sich die Nachhallzeit eher am oberen Ende des empfohlenen Korridors
Fazit:
Mit einer digitalen Frequenzweiche (kurz: DSP-Weiche) und einem Mehrkanalverstärker (z.B. einem ausgedienten AV-Receiver) kann man aus jedem Lautsprecher das Maximum herauskitzeln - wenn man weiß wie ;-) Dazu gehört neben der Beherrschung der Messtechnik und den entsprechenden Tools auch, dass man seine Teststücke gut kennt (s. Musik vergleichen mit dem Waveanalyzer) und Erfahrung damit hat worauf eine beobachtete Schwäche bei der Wiedergabe (z.B. Handclaps nicht knackig genug) zurückzuführen ist.
Zum einen bestimmt natürlich die Qualität der Lautsprecher und des Gehäuses das Ergebnis - auch mit einer DSP-Weiche kann man aus Scheiße kein Gold machen! Aber sehr oft wird man feststellen, dass bisher die passive Frequenzweiche und vor allem die Interaktion mit dem Hörraum die Gesamt-Qualität limitiert haben.
Selbst ein perfekter Lautsprecher mit perfekter Frequenzweiche würde durch eine Über-Alles-Entzerrung deutlich profitieren - weil dadurch die Frequenzgangverbiegung durch den jeweiligen Hörraum kompensiert werden könnte. Das gilt natürlich vor allem im Bassbereich, wo auch "gute" Hörräume den Frequenzgang am Hörplatz leicht um +/- 10 dB verändern. Störend sind vor allen die Überhöhungen, die darüber liegende Frequenzbereiche spektral verdecken (s. Maskierungseffekt).
Aber auch im darüber liegenden Frequenzbereich ist der Einfluss des Hörraums nicht zu vernachlässigen, wenn man nicht für optimale Arbeitsverhältnisse (= gleichmäßige, niedrige Nachhallzeit am unteren Ende des empfohlenen Korridors) sorgen kann. So sorgt ein Anstieg der Nachhallzeit um 25% (z.B. von 0.4 auf 0.5 sec.) für einen Anstieg des Diffusschallpegels am Hörplatz um 1 dB und damit zu einer tonalen Verschiebung.
Letztlich geht es bei einer naturgetreuen Musikwiedergabe primär darum, die relativen Lautstärkeverhältnisse (z.B. zwischen Grund- und Obertönen) korrekt wiederzugeben. Hier haben die Quellgeräte, der Verstärker und die Kabel nur einen sehr begrenzten Einflussspielraum, die größten "Abweichler" sind die Lautsprecher und vor allem der Hörraum selbst. Daher führt eine optimale Integration dieser beiden großen Abweichler am ehesten zum Ziel. Und diese Integration lässt sich am effektivsten mit einer individuell angepassten Über-Alles-Entzerrung erreichen.
Und wenn man schon mal dabei ist kann man dieselbe Technik auch dafür benutzen den Lautsprecher zu aktivieren. Denn gerade "in die Jahre gekommene" Lautsprecher verhalten sich nicht mehr so wie ursprünglich und daher ist die passive Frequenzweiche für die gealterten Chassis nicht mehr optimal angepasst (wenn sie es denn je war). Da helfen auch keine "besseren" Frequenzweichenbauteile um diesen Alterungsprozess der Chassis umzukehren.
Wir hoffen, dass die grundlegende Vorgehensweise noch einmal deutlich geworden ist. Und wir hoffen, dass Emilio sich nun daran traut aus den vorhandenen Zutaten eine 3-Wege-Box zu bauen, denn der 10" Grundtöner aus der JBL 4716 dürfte den Frequenzbereich von 250 bis 1200 Hz deutlich souveräner wiedergeben als der 15" Tieftöner. Außerdem dürfte die 3-Wege-Version noch homogener aufspielen, da dann die beiden beteiligten Chassis bei der Trennfrequenz von 1200 Hz deutlich näher zusammen sind als zur Zeit.
Das Gute daran ist, dass Emilio ja immer schnell auf die 2-Wege-Version zurückschalten und vergleichen kann . . . Zum Abschluss noch ein Feedback, das uns Emilio knapp 2 Wochen nach meinem Messbesuch geschickt hat:
Feedback von Emilio:
Hallo Thomas,
die Euphorie lässt nicht nach. Die Lautsprecher spielen fantastisch.
Den Weg einzuschlagen mit DSP war richtig. Als Anfänger konnte ich nicht ahnen was möglich ist. Ich kann das so vergleichen wie ein alter V-Motor, der mit Doppelvergaser läuft. Du hast die alten Chassis mit elektronischer Einspritzung wieder zum Rennwagen-Status gebracht (Highend).
Den Einfluss des Raumes auf den Klang kann man nur erahnen. Obwohl ich viel darüber gelesen habe hatte ich nur eine vage Vorstellung davon wie entscheidend das ist - man muss es erleben das kann man nicht mit Worten sagen.
Das Geld für die Einstellung zu investieren war das Beste was ich machen könnte, anstatt in irgendwelche Kabel, Stecker usw.
Die Voraussetzungen waren nicht die besten (Keller, alte Verstärker, Selbstbau-Gehäuse), und doch hast du das Beste daraus gemacht ohne zu mosern. Vielen Dank dafür, ich kann dich nur empfehlen.
Ich habe anschließend deinen Bericht über "DSP-Weichen richtig einstellen" nochmal gelesen. Er ist vollgepackt mit Know-How, man überliest vieles was wichtig ist.
Du bist ein Profi der mit Herz und Seele bei der Sache ist. Mein besten Dank dafür
Emilio
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