Wenn Enkel und Opa ein Projekt starten.
Alle Jahre wieder veranstalten Deutschlands Schulen den "Boys & Girls Day". Ein Tag an dem sich die Schüler*innen für ein Berufsthema ihrer Wahl interessieren sollen, um in entsprechenden Firmen einen Tag zu verbringen und das mal live erfahren zu dürfen.
Mein Enkel Louis fragte bei HiFi-Selbstbau nach, ob er uns mal über die Schulter schauen dürfte, was wir da so machen. Da einfach zugucken nicht unbedingt erfüllend ist, wir haben es ja selber in dem Alter erlebt, Dreiwege- Hornsysteme oder ähnliches einen 12 Jährigen mit Sicherheit überfordern, haben wir uns überlegt, mit ihm ein Projekt zu starten, von dem er am Ende auch etwas hat.
Von dem dadurch entstandenen Tisch-PC-Lautsprecher "Louminator" handelt dieser Bericht.
Um die jungen Leute nicht mit trockenem Grundlagengeschwafel zu nerven und sie direkt wieder in die Arme des Handys oder Tablets zu treiben, ist es vielleicht besser, einiges an Vorplanung zu erledigen. Was ist also einfach zu vermitteln und leicht an einem Tag umzusetzen?
Fullrange... naja, eher Breitbandchassis sind hier das Mittel der Wahl. Bei sorgfältiger Auswahl braucht man da keine großartigen Weichen- oder Gehäusekonstrukte, bezahlbar bleibt es auch. Also in den Fundus gegriffen und auf Anhieb den Omnes Audio BB3.5 herqausgezogen.
In unserem ausführlichen Datenblatt zu Chassis, hatten wir dem kleinen Chassis gute Gene bescheinigt, was liegt also näher, das nun in der Praxis nachzuweisen.
Wenn man sich die Basis TSP´s anschaut,
FS: 122 Hz
QTS: 0.794
VAS: 0.92 Ltr
Dann kommt, je nach Software, ein BR-Gehäuse zwischen 5 Ltr und 6,7 Ltr netto heraus. Das sollte dann eine -3dB Frequenz von ca. 60 Hz ergeben. Soweit die Theorie.
Eine Zeichnung zu erstellen ist heutzutage mit einer freien Software wie Librecad (2D) oder Freecad (3D) kein Thema mehr, und da die Software in mehreren Sprachen verfügbar ist, gibt es auch keine unüberwindbare sprachliche Barriere. Da das Projekt so einfach wie möglich gestaltet sein soll, blieben wir bei einer 2D Version.
Also haben wir dafür gesorgt, dass am Tag der Geschehens alles, was zum Aufbau der Lautsprecher benötigt wird, vorhanden ist.
Am Enkel & Opa Day war dann als erstes "der große Dreck" angesagt. Sägen, fräsen, Bohren, alles was laut ist, Dreck macht, aber wirklich Spaß bereitet. Der Enkel hatte wohl geglaubt, er dürfe nur zuschauen, das war aber nicht der Plan ;-) Nach der jeweiligen Einführung, wie man an einer Maschine Holz sägt oder fräst, durfte er sich dann richtig versauen.
Opa hat aufgepasst, dass er sich nicht verletzt und Mama hat auf uns beide aufgepasst und die Bilder gemacht.
Dann kam die Montage des Gehäuses und man bekam schon das Gefühl, etwas zu erschaffen.
Die Löcher für Lautsprecher, Reflexrohr und Anschlussfeld waren nun fällig.
Noch ein wenig Übung mit der Stichsäge und es wird richtig gut, toll bis hierhin.
Für Anspruchvolle, das sind wir ja, durfte der junge Mann dann noch die Oberfräse kennenlernen und die Kanten schön rund machen.
Jetzt noch Absorptionsmaterianl rein, Noppenschaumstoff 30mm an allen Wänden außer der Front reicht bei so einem kleinen Kästchen, Kabel rein und zusammensetzen.
Fertig ist die Laube....ähm Louminator 1
Jetzt mit Opa in den Fotoraum..... hüstel, eine Ecke mit Lampen, damit wir die Bilder fürs Wackelbildchen machen konnten.
Am frühen Nachmittag waren wir dann fertig, glaubte er.........
Was nun folgte war vielleicht etwas trocken, aber notwendig. Eine kleine messtechnische Aufarbeitung mit Mr. Microphone, alias Pico.
Da wurde z.B. gemessen, wie die Absortion in einem BR Gehäuse wirkt.
Wo der Unterschied zwischen dem geschlossenen und dem BR Gehäuse liegt.
Oder wie sich diese Zustände auf die Impedanz des Lautsprechers auswirken.
Die endgültige Messung sah dann so aus.
Der unter Pegelabfall wird durch eine sehr schwierige Aufstellung und einem darüber angebrachten Regal wieder ausgeglichen. Alles in allem haben wir vor Ort eine funktionierenden Einheit aus Spaß am Bauen, gut klingenden PC Sound und einer vernünftigen Bauweise inklusiver schöner Optik erreicht.
Sicher wird ein 12Jähriger das kaum alles behalten und am nächsten Tag wieder anwenden können, aber die Hoffnung vielleicht etwas für den Nachwuchs getan zu haben, ist vorhanden.
Am Ende des Tages standen dann da zwei Lautsprecher, die ihren Erbauer stolz machten, pssssst - uns auch :-)
Der finale Abschnitt
Wochen später fragte Louis dann immer wieder mal nach Farbe für die Lautsprecher und er hatte auch schon eine Farbe im Kopf. Etwas lilagies sollte es werden. Als wir im Baumarkt vor der riesigen Mischwand standen und er merkte, dass man sich nicht auf eine Standardfarbe beschränken muss, hat er sich letztlich für ein "ballerndes" Rot entschieden. Gute Wahl, wie wir finden.
Also stand Monate später ein neuer Arbeitsabschnitt ins Haus. Zerlegen, schleifen, grundieren, schleifen, lackieren, schleifen, lackieren............
Louis hatte wohl nicht auf dem Schirm, das ein "bisschen" Farbe aufbringen nochmal in Arbeit ausarten würde, aber es hat sich wirklich gelohnt. Am Ende steht da ein Lautsprecher, der gut klingt und auch optisch etwas hermacht.
Und so stellen die Kids ihre Lautsprecher auf.
Vielleicht animiert das Projekt ja noch den ein oder anderen Papa oder Opa, etwas mit den Kids zu bauen, wir unterstützen gerne.
Kommentare
Danke für den Tipp, mein Enkel ist jetzt 2,5 Jahre alt. Muss er noch ein Weilchen warten.
Sehr schöner Bericht, danke.
Gruß Detlef
die BBs sind die Klone vom Visaton B80, bis auf die Lackierung vom Dustcap fast identisch mit dem Visaton B80
Im Visaton Forum wird das Thema nicht so gern angesprochen, es ist wohl nicht ganz klar wie der Visaton Entwurf in die Hände der Nachbauer gelangt ist...
Meine Enkel sind 8 Monate, vielleicht noch etwas früh!