Akustischer Kurzschluss war gestern.

Vor nicht allzu langer Zeit veröffentlichte die Fa. Monacor in Bremen mal wieder einen Lautsprecher-Bausatz. Es handelt sich quasi um ein Brett mit Löchern in die Chassis geschraubt werden. In der Szene sind solche Lautsprecher auch als Open Baffle bekannt. Das ist zunächst mal mutig, denn schließlich kann man eine Open Baffle nicht mit jedem Chassis bauen. Hier ist es weniger ein Problem des Mittelhochtonbereiches, sondern eher des Tieftonbereiches. Schließlich verhindert der akustische Kurzschluss ja den Tiefbass, wie jeder weiß.

So zumindest die Theorie und lange Zeit galt das in alten Publikationen als gesetzt. In der Praxis sieht das allerdings anders aus, da funktionieren diese Bretter, auch Dipole genannt, wirklich gut. Ohne hier näher auf das Wirkprinzip einzugehen, das muss man schon im Rahmen eines Grundlagenartikels machen, kann man jedoch sagen das auch viele überschwängliche Aussagen in diversen Foren, der Dipol sei die Lösung aller Probleme, auch falsch sind.

Dipole haben genau die gleichen Probleme wie normale Lautsprecher im Raum, nur anders. Man muss sie vernünftig aufstellen, sie regen auch den Raum an und funktionieren nicht wenn man es nicht wirklich ernst mit ihnen meint. Eine „mal eben so“ Lösung sind Dipole nicht.

Also gut, Monacor hat sich getraut. Als wir von der Katana hörten, haben wir sofort ein Paar für unseren Fundus geordert. An dieser Stelle mal etwas außerhalb der Reihe. Ich kenne Monacor seit schon seit Jahrzehnten und damals wie heute ist die Firma die Zuverlässigkeit himself. Eine Bestellung trifft nach ein bis drei Tagen ein, sofern verfügbar. Da gibt es nichts zu meckern, die Logistik funktioniert perfekt und die Verpackung ist top. Also dann... auspacken...........

Jeder Lautsprecher kommt in einer eigenen Kiste, so ist gewährleistet das nichts beschädigt wird und der Karton nicht so schwer ist das es eine Spedition braucht. In jeder Kiste ist das Komplett-Rundum-Glücklich-Set zu finden. Alle Bauteile wie die Holzteile, Lötzinn und Holzleim.

Zusammenstecken ist wegen der Präzision der Fräsarbeiten total einfach, das kann wirklich jeder der die dicken Zehen nicht an den Händen hat. Ich hab´s auch hinbekommen wie ihr oben im Video gesehen habt.

Es kann also sofort losgehen. Ähm...ja....doch nicht. Bei genauem Betrachten fällt auf das die Holzteile alle gänzlich unbehandelt sind. Mal abgesehen davon das mir persönlich das nicht gefällt, ist der Verschmutzung der Teile Tür und Tor geöffnet. Will ja sicher keiner, dass die Lautsprecher nach einem Jahr wie eine Speckschwarte aussehen.

Da alle Teile sehr gut vorgearbeitet sind, reicht ein wenig Klarlack, oder Holzöl, bzw. Möbelwachs, um der Katana ein edles Aussehen zu verpassen.

Ich habe dann bei unserer Version die hinteren Holzteile noch schwarz gemacht, weil ich den Kontrast schön finde. Wie ich oben schon erwähnte, sind die Chassis und Seitenteil-Fräsungen wirklich sehr gut gemacht, alles passt so gut das man fast auf die Idee kommt den Holzleim wegzulassen.

Aber denkt an den Wolf und die drei Schweinchen, irgendwann kommt ein kräftiger Windstoß in Form eines Staubsaugers und dann haut es die Katana weg. Das will ja keiner, also Seitenteile verleimen.

Nach dem Trocknen die Chassis rein, verkabeln und los gehts. Verkabeln, uih, jetzt wird es kompliziert. Nein, wird es nicht. Wir haben es hier mit reinrassigen Weichen erster Ordnung zu tun, was bedeutet das sich jeweils nur ein Bauteil im Signalweg befindet. Die beiden Tieftöner sind parallelgeschaltet, also auch kein Hexenwerk. Schaltet mal euren Lötkolben ein und prüft, nachdem er heiß ist, ist ob ihr auf Anhieb die kalte Seite des Kolbens erwischt. Wenn das klappt, solltet ihr auch die Katana zusammengelötet bekommen. :-) Es liegt dem Bausatz eine gut bebilderte Anleitung bei, das wird schon, nur Mut.

So, dann sind sie endlich fertig

Schön und wohnzimmerfreundlich sehen sie aus wie ich finde. Ab in den Hörraum

Nach einigem hin und her Geschiebe und genauem Ausrichten kann ich behaupten das die Katana ihr Geld wert ist. Erstaunlich gut hat mir der Tieftonbereich gefallen, der passt irgendwie zu unserem Raum. Beim Grundtonbereich mangelt es ein wenig und in den Mittellagen ist die Katana bei Frauenstimmen manchmal etwas zu vorlaut. Der Hochtonbereich ist unauffällig im Sinne von genug da, aber nicht nervig. Alles in allem aber kann man die Lautsprecher hinstellen und erst mal Spaß haben. Das ist es doch was wir alle wollen.

Dem der noch etwas weiter gehen möchte bleiben noch Möglichkeiten. Monacor hat bei dem Bausatz alles richtig gemacht, die Weiche einfach gehalten um Interessierte nicht abzuschrecken. Zwei Bauteile, ganz einfach in Reihe zum jeweiligen Chassis bekommt jeder hin der sich nicht jeden Morgen die Hose mit der Kneifzange anzieht. Das bei so einer Schaltung noch Luft nach oben ist kann man vermuten, gibt uns aber die Möglichkeit noch ein wenig herumzudoktern und DIY Spaß zu haben. Die Basis stimmt jedenfalls.

Hier eine Quick & Dirty Dirac-Messung der beiden Lautsprecher in unserem Hörraum.

Also doch, Dipole regen Raummoden an, wie man deutlich sehen kann. Wenn ihr in Zukunft noch mal was über Dipole als die Heilsbringer lest, denkt nicht weiter drüber nach. Wir werden uns jedenfalls mit dem Lautsprecher noch etwas beschäftigen um Erfahrungen mit Baffles zu machen. Um diese Art Lautsprecher haben wir uns bisher noch nicht gekümmert. Als ersten Schritt haben wir mal die Chassis alleine über Weiche gemessen um zu sehen was man da noch machen kann.

Wir glauben das man die Senke im Grundtonbereich wegbekommt, auf das Pico der Weichenflüsterer ein paar Ideen dazu hat.. Aber dann wird die Weiche auf jeden Fall komplizierter und das war sicher nicht der Grundansatz bei der Entwicklung der Katana.

Die Katana ist das richtige Projekt um ins Lautsprecher DIY Hobby einzusteigen, aber nicht auf noch kleinerem Level ohne Spaß zu versauern. Wer dann Lust daran findet, kann noch weitermachen ohne direkt wieder alles neu zu kaufen.

Hier die Teileliste für eine Box, eine Box ist ja eigentlich nicht.

1 x Schallwand (Buche, 20-mm-Multiplex)
1 x Bodensockel
2 x Seitenteil
1 x Hi-Fi-Breitbandlautsprecher SPX-31M, 20 W, 8 Ω
1 x LS-Polklemmen-Paar BP-500G
2 x Hi-Fi-Tiefmitteltöner SPM-205/8, 70 W, 8 Ω
1 x MKT-Folienkondensator MKTA-220, 22 µF, 250 V
1 x Trafokernspule LSI-56T, 5,6 mH
3 Meter Lautsprecherkabel SPC-115CA
4 Gummifüße (aus dem Satz HF-10)
Holzleim, Lötzinn, Befestigungsschrauben, Montageanleitung

Die Katana im Monacor Webshop

Nachtrag: Ausführliche Beschreibung zu OpenBaffle

Kommentare

arche
3 jahre vor
Hat jemand inzwischen eine Erklärung wie die weiche mit der Grundtonabsenkung zusammenhängt? Oder habe ich was übersehen?
Dankeeee
Franky
3 jahre vor
Ich habe mich selber auch gewundert wie stark der BB trotz 22µF auslenkt. Scheint mir auch eine Gegenreaktion durch die Bässe zu sein. Ich glaube an dem Problem hadern auch noch andere Lautsprecher. Ich baue gerade eine Freedom 2 und die muß ich bei 200 Hz trennen. Trotzdem macht der Mitteltöner eigentlich zu hohe Hübe. Ich werde mal BI-Amping probieren.
Pico
3 jahre vor
Hi Franky,

der Kondensator wirkt wegen des Impedanzanstiegs (knapp 50 Ohm) bei der Resonanzfrequenz des Breitbänders (ca. 115 Hz) kaum noch: die Absenkung beträgt dort nur noch 3 dB (gegenüber 12 dB bei 250 Hz). Das kann man auch am letzten Frequenzgangbild erahnen . . .

Gruß Pico
Franky
3 jahre vor
Stimmt und das erklärt vieles. Allerdings sind dann auch viele Hochpassfilter anderer Konstruktionen fraglich. Da gehört dann eine Impedanzlinearisierung drauf was wahrscheinlich wieder drei Bauteile bedeutet. Mal schauen.
Franky
3 jahre vor
Dazu vielleicht einmal Messungen von mir im RAR von Monacor. Das ist ein Halbraum mit schwingungsgedämpften Boden der mit Teppich belegt ist.

Geht leider nicht bei den Kommentaren!
autom
3 jahre vor
Franky, Theo hatte im Juni ja schon die Katana im Forum vorgestellt:
https://hifi-selbstbau.de/forum-sp-1200707678/14-sonstige-bauvorschlaege/15724-monacor-katana-m1?start=0
Da würde es gehen...
Dirty Harry
3 jahre vor
Ja, für den Einstieg in den Selbstbau bestens geeignet. Man fühlt sich doch gleich wieder in die 80'er und 90'er zurückversetzt. Da gab es in der Hochzeit des Hifi Boxen Selbstbau ja auch komplette Bausätze an jeder Ecke zu kaufen. Schöne Beschreibung zu dem Bausatz. Mal sehen was Ihr bei der Modifikation der Weiche noch klanglich rausholen könnt. das Thema Open Baffle ist bis vor kurzem auch immer an mir vorbei gegangen. Hatte dann die Gelegenheit bei BPA und Variant verschiedene Open Baffle anzuhören. Irgendwie hat so ein Open Baffle was und bestimmt auch seine Berechtigung. Die Dinger sind ja relativ schnell gebaut. Und wie immer ist der Bericht sehr schön geschrieben.
Diskus_GL
3 jahre vor
Hallo, schön geschrieben - sollte auch "Anfänger" animieren sowas mal zu "bauen".

Dipole sind sicherlich nicht jedermanns Sache - aber für manche Hörsituationen vielleicht die "bessere" Lösung als "Boxen".

Grüße Joachim
FlorianK
3 jahre vor
Ein toller Bericht - auch wenn ich mich für das System nicht so begeistern kann. Die schwarz gemachten Rückenstreben sind Top. Eine unglaubliche Steigerung der Optik. Ist zwar nur eine Kleinigkeit - aber der Bringer. Die Box.......äh das Brett betrieben mit einem Sub wäre vielleicht besser. Grundtonsenke beseitigen, Aufstellung wahrscheinlich unkritischer. Nochmal klasse Bericht - auch das Video.
arche
3 jahre vor
Schöner Bericht - vielen Dank!
Gut nachzuvollziehen dass Dipole eben nicht immer der heilige Gral sind ;) und bestätigen meine Erfahrung damit - gerade mit der Grundtonsenke. Dem könnte man zwar auch mit 'harten' Mitteln = Schallwandbreite begegnen aber mit mindestens 60 cm Schallwandbreite ist das klingende Brett dann auch optisch eine andere Ansage 8)
vr-crack
3 jahre vor
zitiere arche:
Schöner Bericht - vielen Dank!
Gut nachzuvollziehen dass Dipole eben nicht immer der heilige Gral sind ;) und bestätigen meine Erfahrung damit - gerade mit der Grundtonsenke. Dem könnte man zwar auch mit 'harten' Mitteln = Schallwandbreite begegnen aber mit mindestens 60 cm Schallwandbreite ist das klingende Brett dann auch optisch eine andere Ansage 8)


Ich würde erst mal rausfinden wollen, was genau die Senke verursacht. Meist ist die aufstellungsbedingt und würde mit dem Rückwandabstand spielen. An sich müsste man dann einen Absorber(!) der auf den Frequenzbereich der Senke eingestellt ist, direkt hinter der Box positionieren, um das Loch aufzufüllen. Denn dieser Frequenzbereich addiert sich ja gegenphasig, und muss daher vernichtet werden. Zur Seite gehen wir beim Dipol davon aus, dass er aufgrund des Akustischen Kurzschluß keinen Pegel abstrahlt. Von daher kommt die Senke nicht daher. Die Schallwandbreite sorgt eher für eine stärkere Bündelung und Shaping der Dipol-8. Bei sehr großen Schallwänden erreicht man natürlich lange Laufzeiten des von hinten abgestahlten Schalls und damit eine Tendenz eher zur Niere, aber an sich ist das beim Dipol nicht zwingend nötig.

Im Gegensatz zu anderen Hörraummessungen finde ich die Senke gar nicht mal so extrem ausgeprägt sondern eher den Mittelton tendenziell etwas zu laut. Vielleicht ist es zielführender dort anzusetzen.
Theo
3 jahre vor
Zitat:
Ich würde erst mal rausfinden wollen, was genau die Senke verursacht.
Haben wir schon, liegt eher an der Weiche.
Franky
3 jahre vor
Ok, nur mal zu meiner herangehensweise. Es gab eine Vorlage von RCS mit Visaton Chassis die uns auch als Bundle angeboten wurde. Ich habe die Visaton Variante von Praktikanten bei uns im Hause aufbauen lassen. Die habe das auch hinbekommen und dann stand Hörtest auf dem Programm. Um es klipp und klar zu sagen war diese Version eine klangliche Katastrophe. Ich habe dann mit den Visaton Chassis eine neue recht aufwändige Weiche aufgebaut um den Praktikanten dann doch ein akustisches Erfolgserlebnis zu geben. Das ist mir auch gelungen. Dann habe ich überlegt wie man das einfachst umsetzen kann und es gut klingt. Im Endeffekt bin ich bei der einfachen Version mit nur einer Spule und einem Kondensator gelandet. Alles andere was ich probiert habe artet wieder in einer Materialschlacht an Weichenbauteilen aus. Ich bin bei den 22µF beim Breiti gelandet weil mit dem ziemlich gleich die Belastungsgrenze zu den Tieftönern erreicht ist. Bass ist überhaupt nicht das Problem dieser Open Baffle. Ich habe mir damals 10 Personen in den Hörraum geholt und es gab fast nur Ohs und Ahs - mehr wollte ich nicht.
Theo
3 jahre vor
Und genau diese Vorgehensweise macht das Konzept so interessant wie ich finde. Hier wird nicht auf Teufel komm raus alles gerade gezogen und "richtig" gemacht. Hier wird ein Bausatz vorgestellt der erst mal Spaß macht und einfach zu begreifen ist. Damit ist es möglich in die DIY Materie einzusteigen ohne sich das Gehirn zu verrenken.
Darüber hinaus ist nicht einfach nur eine weitere Kiste, es ist ein Bausatz mit Charakter.
arche
3 jahre vor
zitiere Theo:


Haben wir schon, liegt eher an der Weiche.

Wie beeinflusst die Weiche den Grundtonbereich? :-|

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