BMS Koax-Treiber mit RIESIGEM PA-Horn
Wer meint, ein JABO-53 mit seinen immerhin 53 cm Durchmesser sei groß - muss umdenken. Denn was uns hier im Rahmen der Horn-Messreihe zwischendurch "zugeflogen" ist muss man schon als echten Trümmer bezeichnen:
- 780 mm breit, 725 mm hoch, 730 mm tief
- trotz Fiberglas 12 kg schwer (OHNE Treiber)
Und wer hat das Teil angeschleppt - natürlich unser Horn-verrückter Abonnent FlorianK. Der wollte sich in seiner neuen "Hütte" endlich mal was Amtliches bauen. Und weil das Horn halt einen 2"-Treiber braucht haben wir ihn in unsere Messreihe eingebaut.
In unserem ausführlichen Datenblatt geht es uns vor allem darum wie tief der BMS 4590 in diesem Trümmer spielt, und wie das Rundstrahlverhalten z.B. im Vergleich zum StereoLab SL250 ist . . .
Chassis-Datenblatt © www.hifi-selbstbau.de So werden Lautsprecherchassis von HiFi-Selbstbau gemessen |
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Hersteller: BMS | Typ: 4590, 8 + 8 Ohm | Datenblatt des Herstellers: BMS 4590 |
Foto des Chassis
Der äußere Eindruck:
Das TOA LE-640 sieht von der Größe nach "amtlichem" PA aus - und muss darum natürlich mattschwarz sein. Fürs Wohnzimmer wurden diese Teile nun wirklich nicht gemacht, denn: schön ist anders! Als FlorianK mit dem TOA-640 ankam wurde erst mal beratschlagt, wie man dessen riesige Seitenflächen akustisch tot macht. Denn der Klopftest sagte: so geht das für HiFi gar nicht! Aus Zeitgründen (FlorianK brannte darauf erste Messergebnisse zu bekommen) wurden die Messungen aber schon VOR der Pimp-Aktion gemacht: jede Seite wurde mit einem 60 x 60 mm Holzbalken versteift und die restlichen Flächen mit reichlich Fliesenkleber beruhigt.
TOA bezeichnet das Horn als "Uniform Directivity" und verspricht "precisely controlled horizontal and vertical sound dispersion" von 630 bis 16000 Hz. Der Öffnungswinkel soll +/- 60° horizontal und +/- 40° vertikal betragen.
Der Hornumfang beträgt etwa 2.86 m, dies entspricht einer Wellenlänge von 343 [m/s]/2.86 [m] = 120 [1/s = Hz] (dies wird allgemein als Indikator für die minimal mögliche untere Grenzfrequenz genutzt, s. 10 Schritte zum optimalen Horn oder Horn Theory: An Introduction, Part 1).
Die mittlere Hornlänge beträgt ca. 0.8 m, das entspricht bei 107 Hz ca. 1/4 der Wellenlänge (dies wird oft als weiterer Indikator für die minimal mögliche untere Grenzfrequenz genutzt, da hier ggf. noch einmal eine Verstärkung durch den Transmission-Line-Effekt erfolgen kann). Beide Werte lassen erwarten, dass das Horn den Treiber sehr tief lädt.
{tab Impedanz}
Impedanz:
Die Chassis wurden vorher nicht eingerauscht - sie haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel und sollten eingespielt sein.
Ohne Horn zeigen sich beim Mitteltöner 3 ausgeprägte Impedanzmaxima bei ca. 390, 1060 und 3150 Hz. Um 2.1 kHz zeigt sich ein weiteres, weniger ausgeprägtes Maximum, und oberhalb von 4 kHz zeigen sich noch weitere "Unregelmäßigkeiten" im Impedanzverlauf.
Höhere Anregungspegel lassen die 90 mm durchmessende Schwingspule des BMS 4590 Mitteltöners sprichwörtlich "kalt".
Mit dem TOA LE-640-Horn ändert sich die Impedanz deutlich: die untere Impedanzspitze bei ca. 390 Hz wird durch die zusätzliche Luftlast auf ca. 270 Hz verschoben, wobei das Maximum von ca. 51 Ohm auf ca. 18 Ohm reduziert wurde. Die Impedanzspitze bei ca. 1060 Hz wurde auf 510 Hz verschoben, die bei 3150 Hz bleibt in etwa gleich. Alles in allem ist der Impedanzverlauf "gutmütiger", aber für eine passive Frequenzweiche stellt das "unten rum" immer noch eine recht komplexe Last dar.
Beim Hochtöner zeigen sich 3 ausgeprägte Impedanzmaxima bei ca. 7.5, 9 und 10 kHz sowie 2 weitere Störstellen um 11 und 16 kHz.
Der Hochtonteil zeigt bei +6 dB eine leichte Erwärmung und dadurch eine etwas höhere Impedanz (+2.2% gegenüber -12 dB).
Mit dem TOA LE-640 ändert sich die Impedanz des Hochtöners nicht.
Der Frequenzgang:
Hinweis: Die Messung erfolgte freistehend auf einem 30 cm breiten Ständer (Subwoofer mit HSB21). Das Horn stand einige Zentimeter vor. Die Drehachse war die Mitte des Hornmundes. Die Welligkeit des Frequenzgangs < 1 kHz ist teilweise auf die unzureichende Absorption unseres Messraums zurückzuführen.
Der Frequenzgang des Mitteltöners verläuft auf Achse von 285 Hz bis 4 kHz weitgehend oberhalb der 110 dB-Linie (Mittelwert 112.3 dB, Max/Min 115.6/108.5 dB, Standardabweichung +/- 1.82 dB). Oberhalb von 3.15 kHz fällt der Frequenzgang bereits deutlich ab.
Selbst mit parallel geschaltetem Hochtöner fällt der Frequenzgang bis 10 kHz auf 101 dB ab und zeigt darüber einen welligen Verlauf - hier fühlt sich der BMS 4590 nicht mehr wirklich wohl:
- der Mitteltöner geht nicht hoch genug (bei der Übernahmefrequenz zum Hochtöner beträgt der Pegelabfall schon > 10 dB)
- und der Hochtöner zeigt starke Resonanzen > 10 kHz
-> das TOA LE-640 sollte wohl eher als reines Mitteltonhorn eingesetzt werden
Der winkelgewichtete Schalldruck der Chassis fällt ab 1.1 kHz kontinuierlich ab, die Neigung beträgt bis 20 kHz ca. -3.8 dB/Oktave (maximale Abweichung +2.9/-2.64 dB). Zwischen 1 und 4 kHz beträgt der Abfall nur -1.73 dB/Oktave (maximale Abweichung +1.2/-1.3 dB). Unsere Zielkurve am Hörplatz sollte mit nur 1 dB/Oktave bzw. 3.33 dB/Dekade abfallen.
Hinweis: es wurde nur das horizontale Rundstrahlverhalten gemessen
Pseudorauschen > 200 Hz (0°. 15°. 30°. 45°. 60°; MP3 42 kB)
Hinweis: die Messung wurde in 100 cm Abstand gemacht (sonst 50 cm) und das Signal nur um 30 dB verstärkt (sonst 35 dB) -> die Wiedergabe ist ca. 11 dB leiser als üblich
Richtwirkung MT||HT, Glättung 1/6 Oktave, Auflösung 10° (0°-90°):
Die bunten Bildchen (Filled Contour) wurden mit ARTA V1.85 erzeugt (Menüpunkt Tools/Directivity Patterns). Alternativ kann man auch Polardiagramme erzeugen. Dort werden auch charakteristische Werte wie DI (= Directivity Index) und Öffnungswinkel (= Angle) angegeben. Wenn man diese Werte manuell in ein Diagramm einträgt ergibt sich folgender Verlauf (die gestrichelten Kurven zeigen das Verhalten des StereoLab SL250):
Die Bündelung des TOA LE-640 setzt bereits bei 250 Hz ein und beträgt zwischen 315 und 5000 Hz im Mittel 112.5° (+17.4/-14.0) - das entspricht weitestgehend Constant Directivity-Verhalten. Dieses relativ breite horizontale Rundstrahlverhalten sorgt zwar dafür, dass man auch außerhalb der Stereomitte noch weitgehend dasselbe hört, allerdings wird dadurch nicht das oft erwünschte "Ausblenden" des Raumes erreicht. Das TOA L-640 will entweder "draußen" betrieben werden oder aber in einem Raum mit > 250 Hz gleichmäßiger und eher niedriger Nachhallzeit - nur dann ist die Klangfarbe von Direkt- und Diffusschall möglichst ähnlich.
Das im Vergleich gezeigte SL250 bündelt zwar stärker (und blendet so stärker den Raum aus), diese Bündelung nimmt aber zu hohen Frequenzen hin kontinuierlich zu und sorgt dafür, dass sich das Verhältnis zwischen Direkt- und Diffusschall über der Frequenz stark ändert - was eigentlich auch nicht erwünscht ist . . .
Zusätzlich zu diesen Messungen wurde auch eine Messung in 20cm Abstand vom Hornmund gemacht. Da der Hornmund aber nicht die Ebene ist, ab der sich der Schalldruck pro Entfernungsverdoppelung halbiert (s. a. JBL 2446H + 2385A) musste der dort gemessene und auf den "nominellen" Abstand umgerechnete Schalldruck korrigiert werden um bei etwa 1 kHz der Messung in 100cm Abstand zu entsprechen. Nach der Korrektur ist ersichtlich, dass die Pegelschwankungen < 1 kHz auf unseren Messraum zurückzuführen sind, denn in der 20cm-Messung tauchen diese nicht mehr auf. Die 20cm-Messung zeigt auch, dass das Horn den Treiber bis ca. 300 Hz unterstützt.
Sprungantwort/Pegellinearität
Die Sprungantwort des Mitteltöners sieht fast aus wie aus dem Lehrbuch - für ein Chassis mit einer wenig bedämpften Resonanzfrequenz von ca. 300 Hz und einer nicht zu hohen oberen Grenzfrequenz (sonst wäre der Anstieg steiler).
Sprungantwort (Chassis 1, 100 cm, 0°)
Zerfallspektrum (Chassis 1, 100 cm, 0°)
Hinweis: das verzögerte Ausschwingen um 320, 600 und 900 Hz dürfte auf das Konto der nachschwingenden Seitenwände gehen. Daher wurden keine Linearitäts- und Klirrmessungen gemacht - schon bei den "kleineren" Hörnern waren diese Werte jenseits von Gut und Böse . . .
HiFi-Selbstbau-Fazit:
Die Kombination aus BMS 4590 (Mittelton)-Treiber und TOA LE-640-Horn überzeugt uns auf ganzer Linie:
- der Mitteltöner arbeitet von 300 Hz bis 4 kHz nahezu perfekt
- das Horn hat zwischen 315 und 5 kHz einen weitgehend konstanten Öffnungswinkel von +/- 56°
Trotz des riesigen Horns geht der Frequenzgang nicht bis unter 300 Hz - hier scheint der Treiber das limitierende Element zu sein. Immerhin liegt der Pegel bei 300 Hz um ca. 7 bis 10 dB höher als bei den schon gemessenen Kombination mit dem SL250 bzw. JABO53, somit ist ein Einsatz ab 300 Hz denkbar.
Der Wirkungsgrad auf Achse ist > 1 kHz nicht höher als bei den Kombinationen mit SL250 oder JABO53. Nur beim winkelgewichteten Schalldruck sind alle 3 Kombi wieder gleich auf:
-> das große Horn wird vor allem für das gleichmäßige Rundstrahlverhalten (und die Erweiterung bis 300 Hz) gebraucht!!!
Eine Kombination aus Kompressionstreiber und Horn spielt in einer ganz anderen Pegelliga. Nach unserer langjährigen Erfahrung ist es insbesondere der Klirrfaktor im kritischen Bereich zwischen 500 und 1500 Hz, der dafür sorgt, ob ein Chassis bei höheren Pegeln nervt oder seine Klarheit beibehält. Und selbst wenn man die Pegelreserven einer solchen Kombination zuhause nicht ausschöpfen kann so profitiert man doch von den Klirrreserven - eine solche Kombination schüttelt auch kurze, laute Impulse wie z.B. bei einem Schlagzeugsolo locker aus dem Ärmel . . .
Jetzt wird nur noch eine Lösung für den Hochtonbereich > 4 kHz gesucht. Eine Positionierung außerhalb des Hornmundes führt zu Chassisabständen > 50 cm bei einer Trennfrequenz von 4 kHz - da sind die Laufzeitunterschiede selbst bei 5 m Hörabstand kritisch. Warum also nicht ein DIY-Koaxialhorn bauen? Für 4 kHz muss das Horn nicht groß sein und "verschwindet" quasi im riesigen Mund des Mitteltonhorns - wir haben da schon so eine Idee . . .
Auch im Grundtonbereich hatten wir schon eine Idee, wie man mit vertretbarem Aufwand mit dem TOA LE-640 pegelmäßig mithalten kann.
Zum Glück hat FlorianK schon 2 HSB-21 als Subwoofer in einem sehr großen, "geschlossenen Gehäuse" (Dachschräge), da muss die Grundtonlösung nur bis 80 Hz runter . . .
Und so sieht das Gnaze dann fertig in der vorgesehenen Umgebung aus.
Ich habe die gedrehte Hülse wo der HT drin steckt hinten offen gelassen. Da kann man zB Basotec oder so etwas einsetzen. Ich glaube aber ..... das macht nix.
Nein. Ich überlege schon ob ich die Abmessung per 3D erfassen kann und aus Holz fräsen lassen kann.
Da spricht gegen, das man aus zB MDF einen günstigen Werkstoff hat und ihn gut lackieren kann. Das wichtigste aber wäre - ein Totes Material. Das Teil aus MDF wäre so gut wie Resonierfrei zu bauen.