Schicker PA-Mitteltöner von CELESTION
Im PA-Bereich gibt es viele interessante Chassis für laute HiFi-Projekte - aber die Optik ist meist unter aller Sau. Insbesondere diese 4-teiligen Pappdichtungen auf den meisten PA-Bässen sind eine Folter fürs Auge und definitiv nichts fürs Wohnzimmer (zumindest nicht ohne Verkleidung).
Früher gab es z.B. bei AUDAX ausgesprochen schöne Chassis für LAUT-Sprecher, wie das Cover des 1982er Prospekts zeigt. Insbesondere der Mitteltöner MHD17HR37 mit seiner flachen Schaumstoffsicke war auch akustisch ein Leckerbissen und wurde damals in zahlreichen großen PA-Boxen als Mitteltöner eingesetzt.
Und der bei Monacor gelistete CELESTION CF0617M macht deutliche technische und optische Anleihen bei diesem "Oldie" - Grund genug ihn sich mal genauer anzuschauen. Mit 96 dB Wirkungsgrad und einer Belastbarkeit von 200 Watt sollen 120 dB Maximalschalldruck möglich sein - Respekt. Der Einsatz wird ab 300 Hz empfohlen - die kann er sicherlich besser wiedergeben als ein 38er Tieftöner.
Unser ausführliches Datenblatt klärt, ob der CF0617M auch unter HiFi-Gesichtspunkten eine gute Figur macht . . .
Chassis-Datenblatt © www.hifi-selbstbau.de So werden Lautsprecherchassis von HiFi-Selbstbau gemessen |
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Hersteller: CELESTION | Typ: CF0617M, 8 Ohm | Datenblatt des Herstellers/Vertriebs |
Foto des Chassis
Der äußere Eindruck:
Von vorne sieht der CF0671M außerordentlich dezent aus: der schwarze Druckgußkorb geht fast nahtlos in die dunkelgraue, ebene Schaumstoffsicke über, die wiederrum nahtlos an die graue Papiermembran anschließt. Deren 67 mm durchmessende Staubschutzkalotte ist aus demselben Membranmaterial geformt und invertiert.
Die runde Korbform mit den 4 "Ohren" für die Befestigungslöcher sieht "retro" aus und erlaubt bei kompakten Abmessungen eine bombenfeste Montage. Von den Befestigungslöchern führen 4 stabile, 25 mm breite Stege direkt zur Montageplatte des Magnetsystems - steifer geht es nicht.
Der Anschluss erfolgt über Push-Terminals, die sehr steif an einer der 4 Stege angebracht ist. Die Zuleitung zur Schwingspule ist an je einer Stelle mit der flachen Zentrierspinne verklebt, die nicht hinterlüftet ist. Dafür gibt es eine 20 mm durchmessende Polkernbohrung, die außen mit einem Lochgitter abgedeckt ist.
Der Ferrit-Magnet hat bei 15 mm Höhe einen Durchmesser von 120 mm, das ist "angemessen" für die immerhin 45 mm durchmessende Schwingspule.
Membranfläche: | Außendurchmesser: Innendurchmesser: Plugdurchmesser: -> Membranfläche Sd: |
141 mm 127 mm 0 mm -> 141 cm² |
TSP aus Impedanzmessung (Mittelwert und Streuung von 2 Chassis, Anregung -12 dB): |
Resonanzfrequenz Fs DC-Widerstand Rdc Mechanische Güte Qms Elektrische Güte Qes Gesamtgüte Qts Effektive bewegte Masse Mms Äquivalentes Luftvolumen Vas Kraftfaktor BL Wirkungsgrad Eta (1m, 2.83V, Halbraum) aus TSPs |
131.2 Hz (+/-9.8%) 5.27 Ohm (+/-0.3%) 5.382 (+/-0.5%) 0.533 (+/-7.3%) 0.485 (+/-6.6%) 9.87 gr (+/- 2.4%) 4.26 dm³ (+/-17.1%) 8.97 N/A (+/-0.2%) 96.22 dB (+/-0.20) |
Die TSP:
Im Impedanzverlauf deutet sich eine Störstelle bei 700, 850 und 1500 Hz an, die beiden ersten finden sich entsprechend als Störung im Frequenzgang wieder. Trotz des großen Schwingspulendurchmessers von 45 mm steigt die Impedanz nur moderat mit der Frequenz an: die Schwingspule ist nur 8.4 mm hoch, und der Polkern ist laut Hersteller mit einer Kupferkappe überzogen.
Die Resonanzfrequenz ist noch moderat vom Anregungspegel abhängig, sie ändert sich bei Erhöhung der Anregung von -18 auf +6 dB um ca. 13.2%. Bei Einbau in ein passendes geschlossenes Gehäuse (z.B. 3 Liter) wird der Einfluss des Anregungspegels geringer.
Die bewegte Masse wurde ca. 15% geringer bestimmt und damit ähnlich wie von Hobby-HiFi im Heft 4/2018 mit 10 gr. Auch die Membranfläche wurde ähnlich bestimmt (HH = 145 cm²), der Hersteller macht dazu keine genaue Angabe (D = 0.14 m -> Sd = 153.9 cm²). Berechnet man die Membranfläche aus den anderen TSPs über TSPcheck, ergibt sich ein Wert von 155.8 cm² - diesen Wert können wir nicht nachvollziehen . . .
Die anderen "wesentlichen" TSPs (Rdc, BL) wurden recht gut getroffen, die "federabhängigen" TSPs (Cms->Fs->Vas->Qms/Qes/Qts) weichen von den Herstellerangaben ab, lassen sich aber durch eine 20% weichere Aufhängung erzielen:
TS-Parameter | Einheit | HiFi-Selbstbau | CELESTION | Abweichung (original) |
HiFi-Selbstbau (20% weicher) |
Abweichung (20% weicher) |
Resonanzfrequenz Fs Gesamtgüte Qts Äquiv. Luftvolumen Vas Wirkungsgrad Eta (1m, Halbraum) Gleichstromwiderstand Rdc Effektive bewegte Masse Mms Kraftfaktor BL |
[Hz] [-] [dm³] [dB/2.83V/m] [Ohm] [gr] [N/A] |
131.2 0.485 4.26 96.22 5.27 9.87 8.97 |
116.6 0.45 5.39 96 5.3 11.59 9.68 |
12.5% 7.8% -21% 0.22 -0.6% -14.8% -7.3% |
117.35 0.434 5.33   |
0.6% -3.6% -1.2%   |
Das Chassis wurde vorher 24 Stunden eingerauscht. Die Streuung der TSPs ist noch gering (außer bei den federabhängigen Größen, was sich durch den Einbau in ein geschlossenes Gehäuse von 3 Litern aber relativiert).
Und was sagt LASIP zu den gemittelten TSPs?
In einem geschlossenen Gehäuse von 3 Litern geht es bis ca. 195 Hz runter (Qtc = 0.75, blaue Kurve) - das wäre ideal für den Einsatz als Mitteltöner. Unter Verwendung der individuellen TSPs (grüne und gelbe Kurve) unterscheiden sich die Frequenzgänge kaum. In einer 9 Liter großen Bassreflex-Box mit 109 Hz Abstimmfrequenz (rote Kurve) geht es bis knapp 95 Hz runter: aber wegen des geringen linearen Hubs von 1.2 mm sind bis dahin keine hohen Schalldruckpegel möglich. Laut TSPcheck kann (bei Eingabe der gemittelten TSPs) oberhalb von 345 Hz die elektrische Leistung von 200 Watt mit maximal 1.2 mm Auslenkung in Schall umgesetzt werden - bei einem für maximalen Schalldruck ausgelegten System sollte also die untere Trennfrequenz nicht tiefer liegen . . .
Der Frequenzgang:
. . . verläuft von 300 bis 2.3 kHz auf Achse weitgehend linear (Mittelwert 95.98 dB, Standardabweichung +/- 1.14 dB). Bis 3 kHz fällt der Frequenzgang dann auf 93.5 dB ab, bevor er sich bis 9 kHz auf bis zu 102.5 dB aufbäumt. Unter 15° verhält sich der CF0617M ähnlich (nur ca. 4 dB leiser > 6 kHz), aber ab 30° geht es schon ab 2.5 kHz deutlich bergab, der CF0617M ändert seinen Klangcharakter deutlich.
Die Bündelung setzt ab ca. 1.2 kHz ein, nimmt aber erst oberhalb von 2 kHz so richtig Fahrt auf (60°, -5 dB): spätestens ab 2.5 kHz sollte das Chassis im Sinne eines gleichmäßigen Rundstrahlverhaltens aus dem Rennen genommen werden . . .
Der winkelgewichtete Schalldruck fällt bis 2 kHz nur um knapp 3 dB ab - bei 3 kHz sind es schon 12 dB . . .
Die Streuung der beiden Chassis ist im gesamten Frequenzbereich sehr gering, nur um 1.6 kHz ist das 2. Chassis ca. 1 dB leiser.
Pseudorauschen > 200 Hz (0°. 15°. 30°. 45°. 60°; MP3 42 kB)
Sprungantwort/Pegellinearität
Die Sprungantwort sähe fast aus wie aus dem Lehrbuch - wäre sie nicht vom abklingenden Membranresonanz überlagert. Die oberste Membranresonanz bei 8 kHz (1/0.125 ms = 8.00 kHz) ist noch klar zu erkennen, dann klingen die "langsameren" Resonanzen bei 4.1, 5 und 6.1 kHz aus und überlagern sich gegenseitig.
Das periodenskalierten Zerfallspektrum sieht bis 4 kHz sehr gut aus, darüber fängt der Bereich der Membranresonanzen an. Um 700 und 850 Hz ist das Ausschwingen auch leicht verzögert, das dürften gut bedämpfte Sickenresonanzen sein.
Sprungantwort (Chassis 1, 20 cm. 0°)
Zerfallspektrum (Chassis 1, 20 cm. 0°)
Die Pegellinearität:
Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 90 bis 110 dB in 1 m Abstand gibt es bei Anregung von 200 bis 20000 Hz oberhalb von 110 Hz nur ganz sporadisch Linearitätsfehler > 0.5 dB.
Erhöht man die Anregung um 6 dB, dann zeigen sich unter 150 Hz und über 4 kHz deutliche Kompressionserscheinungen. Bei der höchsten Pegelstufe (116 dB) gibt es breitbandige Kompressionserscheinungen - das könnte aber auch schon das Mikrofon sein (in 48 cm Abstand beträgt der Schalldruckpegel dann schon 122 dB). Um die 116 dB Schalldruck zu erzeugen sind bereits knapp 30 Volt oder 170 Watt Verstärkerleistung nötig . . .
Der Klirrfaktor:
Die Klirrkomponente K2 zeigt zwischen 160 Hz und 3 kHz ein weitgehend lineares Verhalten und erhöht sich moderat mit dem Anregungspegel. Dies gilt auch für den unharmonischen K3.
Bei den höheren Klirrkomponenten zeigt lediglich K5 ab 100 dB eine Überhöhung zwischen 668 und 841 Hz. Auch bei 110 dB explodiert der Klirrfaktor noch nicht.
Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 85 / 90 / 95 / 100 / 105 / 110 dB liegt K2 zwischen 200 und 3000 Hz im Mittel bei geringen 0.237 / 0.413 / 0.738 / 0.578 / 1.019 / 1.857 %. Für K3 gilt in diesem Bereich ein Mittelwert von sehr geringen 0.103 / 0.124 / 0.158 / 0.219 / 0.372 / 0.634 %.
Nach unseren Untersuchungen (Klirrfaktor - wie viel ist zu viel?) wären K2 und K3 im untersuchten Pegel- und Frequenzbereich unhörbar. Ansonsten liegt nur noch K5 ab 100 dB zwischen 668 und 841 Hz über der Wahrnehmbarkeitsschwelle.
Auch bei dieser Disziplin verhalten sich beide Chassis sehr ähnlich.
Klirrfaktor bei 85 bis 110dB/1m (Halbraum, 20 bzw. 48 cm (ab 100 dB))
HiFi-Selbstbau-Fazit:
Der CELESTION CF0617M sieht nicht nur chic aus, er überzeugt auch messtechnisch auf ganzer Linie. Der Frequenzgang verläuft zwischen 300 Hz und 2.3 kHz weitgehend linear. Auf Achse ist dann zwar noch bis 9 kHz etwas los, aber ab 30° seitlich ist schon bei 2.5 kHz tote Hose -> im Sinne eines gleichmäßigen Rundstrahlverhaltens sollte etwa da getrennt werden.
Der gemessene Wirkungsgrad beträgt ca. 96 dB/2.83V/m, bei einem Gleichstromwiderstand von 5.27 Ohm sind das aber "nur noch" 94.2 dB/W/m. Bis 115 dB ist die Dynamikkompression in weiten Bereichen < 1 dB - der CF0617M ist also definitiv kein Kind von Traurigkeit.
Ideal scheint uns die Kombination mit einem "lauten" Tieftöner (da läuft sich schon der MONACOR SPH-390TC warm) und einem "lauten" Hochtöner (z.B. dem gerade getesteten MONACOR AIRMT-130) in einem echten LAUTsprecher zu sein.
Mit einem UVP von 93 €/Stück (Straßenpreis knapp 80 €) ist der CELESTION CF0617M ein absolutes Schnäppchen - vor allem wenn man einen guten Mitteltöner von 300 bis 2.5 kHz braucht, der auch bei hohen Pegeln nicht schlapp macht.
Kommentare
...klanglich hochklassiger Mitteltoener.
Der niedrige Klirr wird gelobt, die Mittenueberhoehung wird ihm angekreidet.
Was man bei diesen großen Mitteltönern tunlichst vermeiden sollte sind schmale Schallwände. Über 30 cm sollten es schon sein.
In der HH sieht es schon nach einem heftigen Baffle Step aus. Also kein hoher Wirkungsgrad unter 1kHz. Ich denke auch das laesst sich mit einer breiten Schallwand richten.
Aussendurchmesser Audax / Celestion 190 /189
LK-Durchmesser Audax / Celestion 172 / 173-175
Ich habe mit Franky gesprochen, der sagte mir das sich der 0617 seit dem Bemusterung nicht verändert habe.