Advent, Advent.... der zweite Streich.........

Unscheinbarer Breitbänder von MONACOR zum Schnäppchenpreis

MONACOR hat insgesamt vier 20 cm Breitbandchassis im Portfolio - vom SP-205/8 für 25.90 € bis zum SP-200X für 77.90 €. Wir haben uns hier für den SPM-200X/4 für 26.90 € entschieden: er ist bei gleichem Wirkungsgrad deutlich belastbarer als der 1 € preiswertere SP-205/8 (der kann nur 10 Watt ab) und sein Magnet sieht mit 70 mm Durchmesser (229 Gramm Magnetmasse) nicht ganz so schwindsüchtig aus wie beim SP-205/8 mit 60 mm Durchmesser (79 Gramm Magnetmasse). In Kürze wollen wir uns auch noch den SPX-200WP genauer anschauen.

Unser detailliertes Datenblatt klärt, wie sich der SPM-200X/4 im Vergleich zu anderen 20er Breitbändern schlägt, und wie man ihn am besten einsetzen kann . . .

 

Chassis-Datenblatt © www.hifi-selbstbau.de
So werden Lautsprecherchassis von HiFi-Selbstbau gemessen
Hersteller: MONACOR Typ: SPM-200X/4, 4 Ohm Datenblatt des Herstellers

Foto des Chassis


Der äußere Eindruck:

Von vorne sieht der SPM-200X/4 klassisch aus: schwarze Papiermembran mit 68 mm durchmessendem Hochtonkegel aus Papier, dämpfend beschichtete, doppelt gewellte Papiersicke und "Dichtring" (natürlich auch aus Papier/Pappe) zur rückwärtigen Montage.


Der Stahlblechkorb hat 4 Befestigungslöcher, von denen 4 breite Streben zum Magnetsystem führen. Es bleiben 4 Öffnungen von je ca. 23 cm² frei - das ist zusammen deutlich weniger als die Membranfläche.
Die Zentrierspinne ist nicht hinterlüftet - das würde man heute sicher anders machen. Aber ein neues Stanzwerkzeug kostet halt viel Geld . . .
Das Magnetsystem hat einen Durchmesser von 70 mm, der Ferritring ist 16 mm hoch. Die Polplatte ist 5 mm stark, laut Hersteller soll der lineare Hub nur +/- 1 mm betragen. Es gibt keine Polkernbohrung.
Alles in Allem handelt es sich beim SPM-200X/4 um eine sehr kostenoptimierte Konstruktion - da wurde kein Euro unnötig investiert.

 


Die TSP

Membranfläche: Außendurchmesser:
Innendurchmesser:
Plugdurchmesser:
-> Membranfläche Sd:
182 mm
162 mm
-
232.4 cm²
TSP aus Messung ohne Zusatzmasse
(Mittelwert und Streuung von
2 Chassis, Anregung -12 dB):
Resonanzfrequenz Fs
DC-Widerstand Rdc
Mechanische Güte Qms
Elektrische Güte Qes
Gesamtgüte Qts
Effektive bewegte Masse Mms
Äquivalentes Luftvolumen Vas
Kraftfaktor BL
Wirkungsgrad Eta (1m, 2.83V, Halbraum)
94.72 Hz (+/-1.6%)
3.78 Ohm (+/-0.6%)
5.692 (+/-4.5%)
1.539 (+/-1.2%)
1.211 (+/-0.0%)
10.82 gr (+/-2.4%)
19.96 dm³ (+/-0.8%)
3.97 N/A (+/-1.3%)
95.59 dB (+/-0.14)

 

Im Impedanzverlauf deuten sich mehrere kleine Störstellen bei 950, 1550 und 2150 Hz an, die sich entsprechend als Störung im Frequenzgang wiederfinden. Die Impedanz steigt (für eine 25 mm Schwingspule) relativ stark mit der Frequenz an, hier hat man offenbar kein Geld für Kurzschlussringe ausgegeben.

Die Resonanzfrequenz ist nur gering vom Anregungspegel abhängig, sie ändert sich bei Erhöhung der Anregung von -18 auf +6 dB nur um ca. 4.6%: dank der harten Einspannung (0.32 mm/N) macht das Chassis halt wenig Hub und bleibt daher im linearen Bereich.
Die mechanische Güte ist trotz fehlender Hinterlüftung der Zentriespinne und Polkernbohrung mit ca. 5.7 recht hoch. Hier wurde offenbar ein Material mit geringen Wirbelstromverlusten für den Schwingspulenträger verwendet.
Bei den "wesentlichen" TSPs (Rdc, Mms und BL) fällt auf, dass die von uns ermittelte Masse 9.3% höher ist als der von MONACOR angegebene Wert.
Die größte Abweichung gibt es bei der Gesamtgüte Qts. Die mechanische Güte Qms wird von MONACOR mit 2.69 angegeben, deutlich niedriger als von uns gemessen. Die elektrische Güte Qes ist jedoch vergleichbar (MONACOR 1.52, HSB 1.54). Da Qts = Qms*Qes/(Qms+Qes) führt dies zu einer deutlich niedrigeren Gesamtgüte.
Auch bei der Membranfläche gibt es eine hohe Abweichung: MONACOR gibt 201 cm² an, wir haben 232.4 cm² ermittelt. Dies führt zu einem 33.6% höherem Vas - und erklärt so den ermittelten Unterschied von 34.0%.

TS-Parameter Einheit HiFi-Selbstbau MONACOR Abweichung
(original)
HiFi-Selbstbau
(15% weicher)
Abweichung
(15% weicher)
Resonanzfrequenz Fs
Gesamtgüte Qts
Äquiv. Luftvolumen Vas
Wirkungsgrad Eta (1m, Halbraum)
Gleichstromwiderstand Rdc
Effektive bewegte Masse Mms
Kraftfaktor BL
[Hz]
[-]
[dm³]
[dB/2.83V/m]
[Ohm]
[gr]
[N/A]
94.72
1.211
19.96
95.59
3.78
10.82
3.97
89
0.97
14.9
94
3.7
9.9
3.9
6.4%
24.8%
34%
1.59
2.2%
9.3%
1.8%
87.33
1.116
23.48



-1.9%
15.1%
57.6%



Überprüft man mit TSPcheck (OFFLINE- bzw. ONLINE-Version) die Konsistenz der TSPs, so passt da bei den Herstellerangaben einiges nicht zusammen:

Das Chassis wurde vorher 24 Stunden eingerauscht. Die Streuung der TSPs ist gering, ein erstes Indiz für eine ordentliche Serienkonstanz.

Und was sagt LASIP zu den gemittelten TSPs?

Wegen der sehr hohen Gesamtgüte fühlt sich der SPM-200X/4 auf einer offenen Schallwand am wohlsten (hier simuliert durch ein SEHR großes Gehäuse von 2000 Litern, grüne Kurve). Dann geht es theoretisch bis 70 Hz runter, bei 117 Hz tritt aber eine Überhöhung um 2.5 dB auf. Nutzt man den SPM-200X/4 in einem FAST-System und packt ihn in ein 20 Liter großes, geschlossenes Gehäuse (rote Kurve), dann geht es bis 90 Hz runter, man handelt sich aber eine Überhöhung von 4.8 dB bei 144 Hz ein. Das kann man allein mit einem "passenden" Vorkondensator auch nicht in den Griff kriegen, dafür wäre eine Gesamtgüte um 1 nötig. Die würde man nur erreichen, wenn man die mechanische Güte durch einen chassisnah platzierten Strömungswiderstand entsprechend reduzieren würde.

Hat man 100 Liter zur Verfügung könnte man auch eine auf 60 Hz abgestimmte Bassreflexbox bauen (blaue Kurve) - die ginge dann bis ca. 50 Hz runter, hätte aber auch eine kräftige Überhöhung um ca. 5.5 dB bei 115 Hz. Je nach Schallwandbreite könnte das gerade den Bafflestep kompensieren.
Wegen des geringen linearen Hubs von nur +/- 1 mm kann aber nur bedingt verzerrungsarmer Schalldruck < 100 Hz produziert werden. Dafür haben wir mal eine Analyse mit WinISD gemacht:


-> schon ab 200 Hz kann nur noch ein Teil der maximalen elektrischen Leistung verzerrungsarm in Schalldruck umgewandelt werden
-> um 60 Hz kann die Bassreflexbox (100 Liter) 15 dB mehr Schalldruck produzieren als die geschlossene Variante (20 Liter)
-> bei 50 bzw. 90 Hz sind es aber nur noch 5 dB mehr

 


Der Frequenzgang:

. . . verläuft auf Achse zwischen 84 und 4217 Hz weitgehend linear (+/- 3.5 dB, Auflösung 1/12 Oktavbänder). Oberhalb von 4 kHz geht es dann mit ca. 7 dB/Oktave weitgehend gleichmäßig bergab (nur unterbrochen durch eine Membranresonanz (+5 dB) bei 10.5 kHz).
Unter 15° fällt der Schalldruck schon ab 2.7 kHz ab, bei höheren Winkeln setzt die Bündelung ab ca. 1200 Hz ein. Oberhalb von 3.5 kHz nimmt die Bündelung kaum noch zu, hier bleibt die Richtwirkung näherungsweise konstant. Der winkelgewichtete Schalldruck nimmt ab ca. 2 kHz mit ca. 5.5 dB/Oktave weitgehend gleichmäßig ab.

Die Streuung der beiden Chassis ist auf Achse bis 14 kHz gering und auch der winkelgewichtete Schalldruck streut nur gering.

Pseudorauschen > 200 Hz (0°. 15°. 30°. 45°. 60°; MP3 42 kB)

 


Die Sprungantwort (20cm/0°) erreicht ihr Maximum nicht beim "ersten Anlauf". Dies ist dem "langsamen" Einschwingen der Membranresonanz bei 8 kHz geschuldet, die sich bei der Messung in 48 cm Abstand noch "schöner" ausbildet und die gesamte Sprungantwort dominiert (rote Kurve). Bei größeren Winkeln dominiert die 8 kHz-Membranresonanz nicht mehr und die Sprungantwort kommt dem Ideal (gepunktete Linie) näher.
Das periodenskalierten Zerfallspektrum sieht bis 2 kHz gut aus, aber besonders zwischen 3 und 15 kHz schwingt das Chassis lange nach.

Sprungantwort (Chassis 1, 20 cm, 0°)

Zerfallspektrum (Chassis 1, 20 cm, 0°)

Die Pegellinearität:

Bei einer Anregung von 1 bis 10 Volt (das entspricht einem mittleren Schalldruckpegel von 87 bis 107 dB in 1 m Abstand) gibt es ab ca. +13 dB unter 100 Hz und über 6 kHz kontinuierlich Linearitätsfehler > 0.5 dB.
Entlastet man den SPM-200X/4 mit einem Hochpassfilter 2. Ordnung bei 80 Hz, dann werden die Linearitätsfehler < 300 Hz deutlich entschärft, und auch > 1 kHz gehen die Linearitätsfehler etwas zurück. Dann sind ca. +16 dB (das entspricht einem mittleren Schalldruckpegel von 103 dB in 1 m Abstand) ohne nennenswerte Dynamikkompression machbar.


Der Klirrfaktor:

Die Klirrkomponente K2 zeigt > 90 Hz ein weitgehend konstantes Verhalten und erhöht sich moderat mit dem Anregungspegel. Bei tieferen Frequenzen steigt der Klirrfaktor deutlich an. Der unharmonische K3 zeigt > 600 Hz ein weitgehend konstantes Verhalten und ändert sich kaum mit dem Anregungspegel. K5 zeigt > 300 Hz ein weitgehend konstantes Verhalten und ändert sich kaum mit dem Anregungspegel. Bei 100 dB Anregungspegel gibt es eine K4-Spitze um 1000 Hz

Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 80 / 85 / 90 / 95 / 100 dB liegt K2 zwischen 80 und 10000 Hz im Mittel bei geringen 0.191 / 0.334 / 0.590 / 1.049 / 1.967 %. Für K3 gilt in diesem Bereich ein Mittelwert von geringen 0.167 / 0.190 / 0.232 / 0.312 / 0.475 %. Bei 100 dB mittlerem Schalldruckpegel (das entspricht einem Anregungspegel von ca. 5 Watt) beginnt das Chassis bei Sinusanregung zu kollabieren.

Nach unseren Untersuchungen (Klirrfaktor - wie viel ist zu viel?) wäre K2 im untersuchten Pegel- und Frequenzbereich nur < 47 Hz hörbar. Die unharmonische Klirrkomponente K3 ist bei 80 und 85 dB Anregungspegel zwischen 596 und 1995 Hz gerade eben hörbar, bei 100 dB nur noch zwischen 750 und 1334 Hz - und unter 67 Hz. Ab 85 dB Anregungspegel ist K5 von 447 bis 1334 Hz hörbar, K7 von 501 bis 596 Hz. Die geradzahligen Klirrkomponenten K4, K6 und K8 sind deutlich weniger ausgeprägt.

Klirrfaktor bei 80 bis 100dB/1m (Halbraum, 20cm)

 


HiFi-Selbstbau-Fazit:

Der MONACOR SPM-200X/4 sieht durch und durch klassisch aus. Die Konstruktion konzentriert sich auf das Wesentliche und spart so unnötige Kosten. Der Frequenzgang verläuft zwischen 100 Hz und 4 kHz weitgehend linear und fällt dann kontinuierlich ab. Der Wirkungsgrad liegt mit ca. 96 dB/2.83V/m sehr hoch, als 4 Ohm-Chassis braucht er dafür aber schon 2 Watt (-> 93 dB/W/m).

Die Pegellinearität ist bei Entlastung unterhalb von 80 Hz gut, dann sind ca. 103 dB in 1 m Abstand ohne nennenswerte Dynamikkompression machbar.

Der Klirrfaktor ist niedrig und steigt bis 100 dB nur moderat mit dem Anregungspegel.

Der SPM-200X/4 geht zwar in einem 100 Liter großen Bassreflexgehäuse bis 50 Hz runter, aber wegen des begrenzten linearen Hubs kann er im Bassbereich keine Wände einreißen. Er könnte dann ein Spielpartner für kleine Röhrenverstärker sein - wenn die denn an 4 Ohm gut funktionieren.

Mit einem Preis von 26.90 €/Stück (Straßenpreis ca. 20 €) ist der SPM-200X/4 ein Schnäppchen. Leider ist er unter HiFi-Gesichtspunkten kaum als "vollwertiger" Breitbänder nutzbar: er braucht sowohl im Bassbereich als auch im Hochtonbereich Unterstützung. Am wohlsten fühlt er sich als breitbandiger Mitteltöner (300 bis 4000 Hz) - gerne auch auf einer offenen Schallwand.

Kompletter Datensatz von 2 Chassis (Impedanz, Schalldruck, Bündelungsgrad und Schallleistung im OCT-Format, Klirrfaktor und komplexer Frequenzgang als TXT-Datei, ZIP, 93 kB)

 

Kommentare

Kapton
4 jahre vor
Schöner Test. Mit zwei MHB-15 als Bass bestimmt eine gute Besetzung für eine Low-Cost Schallwand. Fehlt nur noch ein günstiger Dipol-Amt
Theo
4 jahre vor
ja, sowas schwebt mir auch vor und Pico will schon seit Jahren eine LowCost Party-Box.
Duxsterwxld
4 jahre vor
Guten Abend.

Schöner Bericht, Theo und Pico. Natürlich ist der SPM kein Baumausreißer, ich habe den SP 200 X verbaut, der ist eine andere Liga.

Für den Preis ist er aber schon eine Menge Lautsprecher/Euro, im open baffle, das kann ich bestätigen, macht er einen richtig guten Job mit reichlich Dynamik. Ich hatte vor einigen Jahren den Bauvorschlag gebaut, der durch das Netz geisterte, das hat richtig Spaß gemacht.

KH

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