Lauter Satellit für Surround-Systeme

Nach dem Center für große Jungs stand als nächstes ein kompakter Satellitenlautsprecher mit denselben Chassis auf der Wunschliste. Mit einem mittleren Wirkungsgrad von 100 dB/2.83V/m sind so auch mit weniger leistungsstarken AV-Receivern hohe Spitzenschallpegel erzielbar (z.B. für hochdynamische Explosionen).

Auch hier wollte einer unserer Abonnenten (prof.inti) ein solches System haben und hat uns eine fertig aufgebaute Lautsprecherbox zur Weichenabstimmung zur Verfügung gestellt. Bei ihm findet die Box zwischen 2 Subwoofern seines DBA-Systems direkt an der Wand Platz - und daher haben wir die Box auch möglichst ähnlich aufgestellt.

Im Bassbereich wurde in einem geschlossenen Gehäuse von 46 Litern für 2x CELESTION TF-0818 eine untere Grenzfrequenz von 141 Hz vorausgesagt - daher haben wir den darunter liegenden Bereich von einem Subwoofer abdecken lassen, ansonsten hätten die fehlenden Bässe die Weichenabstimmung negativ beeinflusst. Das Gehäuse ist eigentlich viel zu groß (Qtc = 0.65, in 24 Litern wäre Qtc 0.707 gewesen), aber bei prof.inti sollten die Boxen genau zwischen die DBA-Subwoofer passen. Optional kann der High-Power-Satellit durch einen seitlich angebrachten Passivstrahler im Bassbereich bis 70 Hz erweitert werden.

Am kommenden Wochenende wird ein Folgebeitrag untersuchen, wie sich das System bei Wandeinbau verhält und ob die Weiche dann ggf. angepasst werden muss.


 

 

 

 

Zunächst mal werden die Chassis ohne Weiche im Nahfeld (nur Tieftöner, in 50 cm Abstand unter 15° und am Hörplatz (gewedelt) gemessen:

- bei beiden Zweigen fällt auf, dass - NUR am Hörplatz - eine Überhöhung von 300 bis 600 Hz auftritt (Maximum von ca. 5 dB um 450 Hz)
- am Hörplatz beginnt der Abfall der Tieftöner bereits bei 1250 Hz

Wo kommt das denn her? In diesem Fall steht die Box mit den Außenabmessungen 59 cm hoch, 39 cm breit und 30 cm tief direkt vor der Wand. Neben dem direkten Schall gibt es eine besonders energiereiche Reflexion an der Wand hinter der Box:

 

Zur "schmalen" Seite sind das im Mittel 11.5 cm seitlicher Umweg, zur "breiten" Seite im Mittel 27.5 cm. Dazu kommen jeweils 2x 30 cm Umweg für die Reflexion an der Wand. Macht zusammen 61.5 bzw. 87.5 cm Umweg. Wenn die Wellenlänge der abgestrahlten Frequenz genau so lang ist wie dieser Umweg, dann addieren sich der Direktschall und die Wandreflexion. Das wäre hier bei 343 [m/s] / 0.875 [m] = 392 Hz und 343 [m/s] / 0.615 [m] = 558 Hz der Fall. Beträgt der Unterschied nur eine halbe Wellenlänge (das wäre jeweils bei der halben der oben genannten Frequenz der Fall) würden sich der Direktschall und die Reflexion weitgehend auslöschen. Das kann man bei 196 und 279 Hz ganz gut beobachten. Bei der jeweils doppelten der oben berechneten Frequenzen (also 784 und 1116 Hz) addieren sich Direktschall und Reflexion ebenfalls optimal. Die Welligkeit ist aber nur schwächer ausgeprägt, da die Chassis bereits so groß sind, dass sie zunehmend bündeln und so zunehmend weniger um die Frontplatte gebeugt werden. Besser wäre in diesem Fall also offenbar ein flacheres Gehäuse gewesen - die Gehäusetiefe war aber durch die Abmessungen des Subwoofergehäuses vorgegeben.

Direktschall und Reflexion kommen so schnell hintereinander, dass sie vom Gehör nicht zu trennen sind. Dadurch kann die Reflexion auch nicht durch die Nachverarbeitung im Ohr/Gehirn ausgeblendet werden. Bei der Weichenabstimmung war denn auch die Version mit einem Sperrkreis für diesen Frequenzbereich deutlich besser.

In 50 cm Messabstand ist die Reflexion an der Rückwand kaum zu erkennen, da die Reflexion ja eine längere Strecke zurückzulegen hat (111.5 bzw. 137.5 cm) als der Direktschall (50 cm) und damit deutlich leiser (20·Log10(Direkter Weg/Umweg) -> -7.0 bzw. -8.8 dB) als der Direktschall ist. Am Hörplatz ist der relative Wegunterschied nur gering, Direktschall und Reflexionen sind in etwa gleich laut.

Beim "Grundgerüst" der Weichenschaltung haben wir uns natürlich stark an der Weiche des High Power Centers orientiert. Dieser wurde damals aber frei stehend optimiert, diesmal stand der High Power Satellit direkt vor der Wand was den Pegel der Tief-/Mitteltöner in Relation zum Hochtöner etwas angehoben hat.

Die Bauteile wurden nur an einigen Stellen geringfügig verändert um auf die veränderte Aufstellung zu reagieren, die größte Änderung war das Hinzufügen des Sperrkreises um 450 Hz:

Die Wirkung des Sperrkreises ist nur gering, der Innenwiderstand der Spule und die hohe Güte (= schmalbandige Wirkung) verhindert eine stärkere Absenkung:

So sah dann der Frequenzgang am Hörplatz mit auf die Schnelle abgestimmten Subwoofer aus (mit/ohne Sperrkreis bei 450 Hz):


- die Überhöhung bei 450 Hz wurde nur teilweise kompensiert um den Direktschall nicht zu sehr zu schwächen
- um 4 kHz ergibt sich eine ganz leichte, sehr beitbandige Überhöhung

Und so setzt sich der Gesamtpegel am Hörplatz zusammen (diesmal ohne Subwoofer):


- die akustische Trennfrequenz liegt bei niedrigen 1600 Hz
- die akustische Filtersteilheit liegt für die 1. Oktave bei etwa 12 dB/Oktave und erhöht sich danach auf 18 bzw. 24 dB/Oktave

Und was passiert wenn man den Hochtöner falsch polt?


- dann sieht die Überlagerung schlechter aus (es ergibt sich aber auch kein tiefer Einbruch) -> keine perfekte Überlagerung/Auslöschung!

Dies ist den unterschiedlichen Schallentstehungsorten geschuldet (das Hochtonhorn verlagert den SEO des Hochtöners zu sehr nach hinten).

Der Vorteil der niedrigen Trennfrequenz ist, dass es weniger unkontrollierte Überlagerung der beiden Tief-/Mitteltöner am oberen Übertragungsbereich gibt. Der Nachteil ist, dass der Hochtöner stärker gestresst wird. Dies könnte man entweder im pegelabhängigen Impedanzverlauf erkennen oder aber im Klirrfaktor:


- das macht dem Hochtöner schon mal nix aus!


- der maximale Klirrkomponente K3 liegt zwischen 1000 und 1400 Hz an - und kommt von den Tief-/Mitteltönern!

Gemäß dem Artikel Klirrfaktor - wie viel ist zu viel? liegt die maximale Empfindlichkeit für K2/K3/K4/K5 bei 1600/1100/950/800 Hz - und damit immer im Übertragungsbereich des Tief-/Mitteltöners.

Abschließend wurde das horizontale und vertikale Abstrahlverhalten des High-Power-Sats noch ausgiebig in unserem reflexionsarmen Raum (RAR) untersucht.

Dabei wurde die Box zunächst wieder von gleich breiten Gehäusen oben und unten erweitert:

Zunächst die Messung auf Achse und die Überlagerung von Tief-/Mittel- und Hochtöner:


- das sieht nicht so toll aus. Die Überhöhung auf Achse um 1800 Hz ist jedoch für andere horizontale und vertikale Winkel nötig (s.u.)
- der Wirkungsgrad liegt mit ca. 100 dB/2.83V/m sehr hoch (minimale Impedanz 4.0 Ohm -> 97 dB/W/m)

Durch Veränderung von C3 kann der Pegel des Hochtöners fein reguliert werden:

Beim horizontalen Abstrahlverhalten gab es keine Überraschungen. Zunächst die Winkel nach "innen" (zur kurzen Seite hin), dann nach "außen":


- gleichmäßiger Abfall zu den Seiten > 2 kHz dank CD-Verhalten des Hochtonhorns


- gleichmäßigster Verlauf bei 30° nach außen (grüne Kurve unten) -> genau so wird die Box auch abgehört ;-)

Diese Optimierung erfolgte übrigens nicht im RAR sondern durch die subjektive Abstimmung im Hörraum! Es ist immer wieder beruhigend, wenn das dann später im RAR bestätigt wird ;-)

Bei Doppelanordnungen von Chassis ist es immer wieder kritisch, wenn man nicht genau in der Mitte der Chassis sitzt. Denn dann ergibt sich im Arbeitsbereich eine weniger ideale Addition beider Schallanteile. Im Folgenden wurde daher die Höhe in 5 cm-Schritten geändert:


- ober- bzw. unterhalb des Hochtöners nimmt der Pegel der Tief-/Mitteltöner etwas ab, oberhalb von 2 kHz wird der Verlauf (noch) gleichmäßiger

Aber es wird ja nicht auf Achse abgehört sondern auf 15 bzw. 30° nach "außen":


- siehe oben ;-)

Wer den High-Power-Center nachbauen will - hier die Zeichnung (alle Seiten MDF, 22 mm, der Passivstrahler ist optional):


- optional kann der High-Power-Sat auch mit einem Passivstrahler im Bassbereich bis 70 Hz erweitert werden (ein BR-Rohr müsste 15 cm Durchmesser haben und wäre nur ein Loch)
- es reichen geschlossen auch 24 Liter Volumen (z.B. 23 cm breit oder 17.5 cm tief). Wenn die Gehäusetiefe und/oder -breite geändert wird passt aber der Sperrkreis bei 450 Hz nicht mehr!


ACHTUNG: übliche Passivstrahler haben eine zu niedrige Resonanzfrequenz!!!

Die Absorption im Gehäuseinneren sollte so aussehen (geschlossene Variante):

Unsere Abonnenten können sich hier das Boxsim-Projekt, das Weichenschaltbild inkl. Stückliste und die Empfehlung für den Passivstrahler herunterladen.

 

Fazit:

Wer es mal bei "knalligen" Filmszenen richtig krachen lassen will, der braucht viel Verstärkerleistung - oder wirkungsgradstarke Lautsprecher wie den High Power Sat. Durch seinen Wirkungsgrad von 100 dB/2.83V/m und sein Impedanzminimum von verstärkerfreundlichen 4.0 Ohm stellt er eine leichte Last auch für "normale" AV-Receiver dar.

Da der High Power Sat für die Aufstellung direkt vor der Wand gedacht ist wurde der Frequenzgang nicht für die Abstrahlung auf Achse sondern unter 30° optimiert. Auch wenn man nicht genau auf Höhe des Hochtöners sitzt gibt es trotz Doppelanordnung der Tief-/Mitteltöner keine negativen Auswirkungen.

Durch die Reflexion an der Wand im Rücken kommt es bei der Gehäusetiefe von 30 cm zu einer Überhöhung um 450 Hz. Diese kann man durch einen Sperrkreis entschärfen - oder man lässt das Einmesssystem des AV-Receivers diese Überhöhung reduzieren. Ob das wirklich geklappt hat sollte man aber auf jeden Fall durch eine Messung am Hörplatz überprüfen.

Nachteil des High-Power-Sats ist seine hohe untere Grenzfrequenz von 140 Hz - da muss der Subwoofer ganz schön hoch spielen. Alternativ kann man dem High-Power-Sat einen geeigneten Passivstrahler spendieren, dann geht es bis 70 Hz runter.

Kommentare

prof.inti
8 jahre vor
Umweg für die Reflexion. Dort ist ein kleiner Rechenfehler enthalten, 2x30cm + 11,5cm = 71,5cm und nicht wie oben im Text 61,5cm. Ebenfalls Folgefehler im log.
Das ändert aber nichts am Rechenweg der Frequenzen!
Da in meinen Messungen ein Weg hinzukommt, das Regal, ergeben sich leicht abgeänderte Werte für die Aus- Überhöhungen.

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