Nicht nur innere Werte . . .
. . . zeichnen den Studio-Monitor KH-120A der Georg Neumann GmbH aus Berlin aus. Ein stabiles Aluminium-Guss-Gehäuse zeigt den hohen Anspruch auch bei der äußeren Hülle. Die Bezeichnung KH-120A stammt noch aus den Tagen als die Lautsprecher bei der Firma Klein & Hummel entwickelt wurden, welche Anfang 2010 von der Neumann GmbH übernommen wurde. Legendäre Studio-Monitore wie die bekannte Klein & Hummel O500 standen und stehen in vielen Studios dieser Welt.
Seit einigen Wochen gibt es im HiFi-Forum eine heftige und kontroverse Diskussion, bei der es darum geht, ob die DIY Bewegung in der Lage ist mit einem Studio-Monitor in der Größe einer KH-120A gleich zu ziehen oder diesen sogar zu überflügeln. Der KH-120A, aus der Klein & Hummel O110 weiterentwickelt, kann man natürlich nur auf die Spur kommen wenn man sie zunächst genau untersucht und versucht ihre Vorzüge und ihre (vielleicht) versteckten Mängel zu entdecken.
Reinhard Weidinger von der Hörzone GmbH, war so freundlich uns ein Paar der KH-120A zukommen zu lassen und für ein paar Tage zum Test zu überlassen, an dieser Stelle vielen Dank dafür. Dadurch wurde es uns möglich die KH-120A näher kennenzulernen als das normalerweise üblich ist und darüber hinaus auch noch einen kleinen Contest mit anderen Klein-Monitoren zu veranstalten.
Wie sich die KH-120A in unserem RAR geschlagen hat klärt folgender Test.
Lautsprecher-Datenblatt © www.hifi-selbstbau.de So werden Lautsprecherchassis von HiFi-Selbstbau gemessen |
||||
Hersteller: NEUMANN | Typ: KH-120A (aktiv) | Messungen des Herstellers | ||
Foto des Lautsprechers |
||||
Impedanzmessungen entfallen da aktiv | ||||
Membranfläche (Bass): | Außendurchmesser: Innendurchmesser: Plugdurchmesser: -> Membranfläche Sd: |
ca. 123 mm ca. 103 mm 0 mm ca. 100 cm² |
||
TSP Messungen entfallen da aktiv | ||||
Hinweis 1: die Messungen wurden in der Regel in der Einstellung Bass 0 dB, Low/Mid 0 dB und Trebble 0 dB durchgeführt (Kürzel X000) Hinweis 2: durch die Bodenreflexion wird der Frequenzgang unter 1000 Hz bei einem Messabstand von 50 cm zunehmend verfälscht. Dies ist kein Fehler der KH-120A sondern eine Unzulänglichkeit unseres Messraums ! Pseudorauschen > 200 Hz (0°, 15°, 30°, 45°, 60°; MP3 42 kB) {audio}/images/stories/Lautsprecher/KH120A/KH120A_1000_SPLdegH.mp3{/audio}
|
||||
Sprungantwort (50 cm, 0°) Zerfallspektrum (50 cm, 0°)
|
||||
Klirrfaktor bei 85 bis 95dB/1m (Halbraum, 20-20k Hz)
|
||||
Klirrfaktor bei 90 bis 100dB/1m (Halbraum, 100-20k Hz)
|
||||
Nur für unsere Abonnenten: Datensatz der beiden Lautsprecher (Schalldruck im OCT-Format, Klirrfaktor als TXT-Datei, ZIP, 80 kB) |
||||
Unsere Meinung:
Der Klirrfaktor: Der "harmonische" Klirrfaktor K2 verläuft oberhalb von 200 Hz weitgehend linear. Darunter steigt er stark an und erreicht bei einem Pegel von 85 / 90 / 95 dB bei 40 / 45 / 50 Hz die 10% Grenze.
Wie üblich steigt K2 deutlich mit dem Anregungspegel. Bei 95 dB mittlerem Schalldruckpegel in 1 m Abstand leuchtet das NEUMANN-Logo auf der Frontplatte um 50 Hz und oberhalb von 16 kHz rot auf, hier kommt offenbar auch der Verstärker in Bedrängnis bzw. regelt vorsichtshalber ab, weil er weiß, dass diese Pegel auf Dauer für das jeweilige Chassis nicht gesund sind. Außerdem bläst es so stark aus dem kleinen Bassreflexrohr, dass das Mikro in 50 cm Abstand Windgeräusche erzeugt. Bei einem mittleren Schalldruckpegel von 85 / 90 / 95 / 100 dB liegt K2 im Frequenzbereich oberhalb von 100 Hz im Mittel bei sehr geringen 0.12 / 0.20 / 0.33 / 0.56%. Für K3 gilt in diesem Bereich ein Mittelwert von sehr geringen 0.11 / 0.14 / 0.19 / 0.29%. Auch bei hohen Pegeln steigt K3 nur gering an und explodiert auch bei 100 dB mittlerem Schalldruckpegel noch nicht - Respekt! Gemäß unserer Untersuchung Klirrfaktor - wie viel ist zu viel? wäre K2 im kompletten Frequenzbereich bis 100 dB unhörbar (bei 100 dB haben wir nur > 100 Hz gemessen). Dies gilt auch für K3. Auch die höheren Klirrfaktoren liegen > 70 Hz so gering, dass sie selbst bei Sinusanregung unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle liegen - das ist sensationell! Nur durch das Windgeräusch um die Bassreflexfrequenz und das Abregeln des Verstärkers gibt es in diesem Bereich hörbaren Klirr (höre Klangbeispiel bei obigem rechten Bild). Abschließend interessierte uns natürlich auch noch, wie die von uns gemessenen Klirrfaktoren mit den Herstellerabgaben übereinstimmen. Immerhin messen wir mit einem sehr preiswerten BEHRINGER ECM-8000 in einem "provisorisch schalltoten" Raum mit reflektierendem Boden, während bei den Profis z.B. die teuren BRÜEL & KJAER Mikrofone eingesetzt werden und in großen, schalltoten Räumen mit absorbierendem Boden gemessen wird.
Die Kurven sind zwar nicht ganz gleich (u.a. auch, weil es sich ja nicht um dieselben Lautsprecher gehandelt hat), aber insbesondere die hohen Werte für den Klirrfaktor stimmen ganz gut überein (z.B. -40 dB um 100 Hz, -52 dB um 500 Hz, -53 dB bei 10 kHz). Bei den besonders kleinen Klirrfaktoren rauscht unsere Messkette eventuell zu stark (bzw. sind die Hintergrundgeräusche zu hoch), außerdem ist unser Algorithmus mit dem gleitenden Sinus (Mittelung über 1/6 Oktave) nicht in der Lage punktuell geringe Klirrfaktoren zu zeigen. Da aber in der Regel ja gerade die hohen Klirrfaktoren interessieren ist dies zu verschmerzen. Für den Aufwand (Messtechnik + Raum < 1000 € gegenüber mehreren Millionen für einen "amtlichen" schalltoten Raum) ist das Ergebnis unserer Meinung nach mehr als akzeptabel.
HiFi-Selbstbau-Fazit: Die NEUMANN KH-120A bewältigt unseren Messparcour mit Bravour! Frequenzgang, horizontales Rundstrahlverhalten und Klirrfaktor sind top, die Einstellmöglichkeiten der Raumanpassung sind praxisgerecht und die Schutzschaltungen bewahren die Chassis sicher vor zu hohen Belastungen. Trotz der kompakten Abmessungen sind relativ hohe Schalldruckpegel unverzerrt möglich, sogar im Bassbereich > 50 Hz. Die Bassreflexrohre sind etwas klein geraten und zusammen mit der elektronischen Bassanhebung bei der Abstimmfrequenz kann es schon mal zu Strömungsgeräuschen kommen wenn "Nur-Bass"-Passagen mit hohem Pegel wiedergegeben werden. Das ist aber Meckern auf höchstem Niveau. Die Anfassqualität der KH-120A ist sensationell, wer sie einmal anfasst und hochhebt will sie gar nicht mehr hergeben ;-). Der UVP von 1300 € ist in Anbetracht des Gebotenen schon fast günstig zu nennen, immerhin kann man sich die Endstufen ja sparen und braucht nur einen Soundkartenausgang. 50 Hz untere Grenzfrequenz hören sich nicht allzu viel an, aber bei Musikwiedergabe klingt sie schon recht erwachsen. Wer das System mit einem Subwoofer erweitern will benötigt entweder eine aktive Weiche oder einen Subwoofer, der die Hochpassfilterung übernimmt (z.B. den NEUMANN KH 810). Hier wäre ein zuschaltbares Hochpassfilter noch schön gewesen, immerhin werden für den NEUMANN KH 810 Subwoofer (1x 10" Chassis) noch zusätzliche 2500 € aufgerufen . . . |
Zitat: Die Auslenkung eines Chassis in einer BR-Box verhält sich nicht wie in einer geschlossenen Box, also ein kleineres BR-Gehäuse führt nicht zu einer kleineren Auslenkung.
Unterhalb der Abstimmfrequenz schwingt das Chassis quasi im Freifeld, weil durch das Loch im Gehäuse gar keine geschlossene Box irgendeines Volumens mehr gesehen wird.
Oberhalb der Abstimmfrequenz ist das Gehäusevolumen auch zunehmend uninteressant, da arbeitet das Chassis im Bereich der Massehemmung, die antriebskraft geht also vor allem dafür drauf die eigene Masse zu beschleunigen (F = m * a).
Lediglich um die Abstimmfrequenz (und die Resonanzfrequenz des Chassis) herum gibt es eine Interaktion zwischen Chassis und Gehäuse mit BR-Rohr.
Eine BR-Box 6. Ordnung ist eigentlich eine zu große, zu tief abgestimte BR-Box, die dadurch zwar tiefer geht aber dort zu wenig Pegel macht. Dies wird dann elektronisch nachgeschoben, vor allem bei der BR-Frequenz. Da dort das Chassis relativ wenig Hub macht und die Abstrahlung vor allem über das BR-Rohr erfolgt, muss sich das BR-Rohr mehr "anstrengen" und mehr Pegel machen -> mehr Strömungsgeräusche".
Bei "normaler" Musik haben wir übrigens keine störenden Strömungsgeräusche gehört, aber bei "nur-Bass-Passagen" wäre dies bei hohen Pegeln der Fall (wie z.B. bei der Messung des Klirrfaktors).
Gruß Pico
da muss ich nochmal nachhaken und mich konkretisieren. Ich vergleiche BR6 zu BR4 anders als du:
Ich habe es mit Boxsim für ein typisches BR-Chassis simuliert (konkret für den Satori MW-16P). Wenn man ein lineares BR4 abstimmt mit -3dB bei ca. Abstimmfrequenz (also 25l und 35Hz in diesem Beispiel) und nun das Volumen halbiert, dann kann man mit einem HP 2ter Ordnung bei Q von 2 mit einer Resonanzfrequenz bei der Abstimmfrequenz den Frequenzgang linearisieren auf einen Verlauf mit -3dB wie ungefähr zuvor.
Jetzt verhält sich BR6 in halbem Volumen zu BR4 wie in ganzem Volumen analog, und der Reflexkanal müsste meiner Meinung nach gleich viel Luft bewegen in beiden Fällen.
Wenn das Rohr zu klein ist, dann ist es natürlich in beiden Fällen zu klein.
Anhand eurer Simu sieht es ja auch so aus, als ob die Verdopplung des Chassishubes im Bassbereich bei der 120A mit +6dB Pegel einhergeht.
Grüße
Leif
Zitat: Und ich halte mich an die originalen Alignments von Thiele. Dort wäre ein ideales B6-Alignment Qts=0.299, Vb/Vas=0.366, Fb=Fs=Fc=F3
Wenn ich dieses Chassis ohne Filter einbauen würde (das wäre dann ein Qb3-Alignment) käme ich auf Vb/Vas=0.346, Fb=1.327*Fs
Also muss ich das Gehäuse leicht größer machen und ca. 20% tiefer abstimmen um eine optimale Tiefbassausbeute zu haben.
Wenn man so ein System mal in WinISD eingibt dann ist der Gain bzw. die Air-Speed im Rohr tatsächlich ca. 2.5 dB bzw. gut 50 % höher - allerdings auch der Output um 7 dB -> das ist ein guter Deal für 6 dB mehr Verstärkerleistung
Natürlich kann man auch alle möglichen anderen Kombinationen machen (z.B. auch Deine), das dürfte dann aber in Punkto Tiefbassausbeute schlechter ausfallen, da ein Bx-Alignment ja gerade möglichst lange linear verläuft um dann möglichst schnell in die asymptotische Filterflanke "einzubiegen".
Gruß Pico
Beste Grüße
Leif