Ein neues Zuhause für die SPENDOR Evo
Vor 7 Jahren hatten wir berichtet, wie aus einer SPENDOR 45/1 (2-Wege-Passivbox) eine SPENDOR-Evo wurde (3-Wege-Teilaktiv-System, s. Die schottische Lösung).
Nach ein paar Jahren waren der Dame des Hauses die Boxen dann doch zu groß, und so wurden die SPENDOR-Evo über eBay verkauft. Da sie auf den ursprünglichen Hörraum eingemessen wurden passte die Einmessung für den neuen Hörraum des neuen Besitzers natürlich nicht optimal.
Im Folgenden zeigen wir, wie wir durch eine erneute Einmessung auch den neuen Besitzer glücklich machen konnten . . .
Damals hatten wir die SPENDOR-Evo auf den Hörraum des Kunden eingemessen, am Hörplatz ergab sich dann folgender Verlauf:
Dem neuen Besitzer gefiel der Mittel- und Hochtonbereich der SPENDOR-Evo in SEINEM Hörraum zwar schon sehr gut, aber im Bass verhielt sich der Hörraum des neuen Besitzers deutlich anders als der des ursprünglichen Besitzers.
Aber zum Glück kann man die SPENDOR Evo ja auch auf den neuen Hörraum einmessen - und so sahen wir unser Werk in neuer Umgebung wieder:
Statt der Grundplatte mit Rollen gab es hier nur die Grundplatte, was die Lautsprecher noch etwas unscheinbarer machte.
Bei der Messung am Hörplatz (feste Mikrofonposition) bestätigte sich dann der Eindruck des neuen Besitzers:
- oberhalb von 400 Hz zeigte sich ein linearer Verlauf
- zwischen 80 und 400 Hz fehlte deutlich Grundtonwärme
- unter 80 Hz war es dann zu laut
Hinweis: die folgenden Messungen wurden mit "gewedeltem" Mikrofon gemacht
Der Hörraum ist eher ungünstig geschnitten, und auch die beiden angekoppelten Räume (offene Durchgänge ohne Türen) machen die Sache im Bassbereich nicht besser. Sowohl die Lautsprecher als auch der Hörplatz sind eher wandnah. Hier mal ein ungefährer Grundriss:
Es wurde nicht am vorhandenen Setup "rumgedoktert" sondern die Trennung zwischen Subwoofer und Satellit komplett neu gemacht. Die passive Weiche zwischen Grundtöner und Hochtöner hat sich ja auch im neuen Hörraum bewährt. Um den Grundtöner zu entlasten wurde die akustische Trennfrequenz auf 200 Hz gelegt, so musste nur ein Teil der Grundtonsenke vom Grundtöner übernommen werden.
Ein erster Versuch nur die Spitzen im Bassbereich zu kappen war leider nicht erfolgreich - die Einbrüche im Bassbereich waren einfach zu gravierend, beim Hören unserer Teststücke fehlte es dann an "Substanz":
So wurden die vier Einbrüche jeweils um bis zu 9 dB angehoben - das entspricht der 8-fachen Leistung und der 2.83-fachen Auslenkung. Zum Glück musste dies nicht bei sehr tiefen Frequenzen gemacht werden, außerdem wurden zuvor ja schon einige Spitzen um bis zu 20 dB abgesenkt.
In diesem Zustand wurden einige Stücke gehört und dann noch der Bassbereich um 1 dB angehoben - für ein Shelving-Filter waren leider keine Biquads mehr frei :-(
Und so sieht dann die Filterfunktion im Bassbereich aus (links bzw. rechts):
-> die linke Box musste wegen der ecknahen Aufstellung bei 39 Hz deutlich stärker abgesenkt werden als die rechte Box
Die Satelliten wurden wie folgt entzerrt:
-> die Grundtonanhebung um 250 Hz ist raum- bzw. aufstellungsbedingt
-> die Hochtonanhebung > 8 kHz war von Anfang an bei der Auslegung der passiven Weiche eingeplant
Raumakustik:
Bei der Ausgangsmessung mit REW mit fester Mikrofonposition gibt es als "Abfallprodukt" auch die Nachhallzeit des Hörraumes:
-> die Nachhallzeit beträgt zwischen 200 Hz und 4 kHz im Mittel 0.57 s
-> zwischen 63 und 200 Hz zeigt sich eine deutliche Senke -> hier absorbiert der Raum stärker, daher sinkt der Schalldruck am Hörplatz
-> unter 63 Hz steigt die Nachhallzeit (durch die angekoppelten Räume?) stark an
Welche Nachhallzeit wäre denn in diesem Raum ideal? Dazu gibt es Hinweise in der DIN 18041 (Hörsamkeit in Räumen), die in diesem Artikel gut zusammengefasst wurden. Demnach ist die empfohlene Nachhallzeit von der Nutzungsart des Raumes und dem Raumvolumen abhängig. Als Nutzungsart ist A4 anzusetzen, denn ein Raum für hochwertige Musikwiedergabe sollte eine ähnliche Akustik haben wie ein Video-Konferenzraum. Bei einem Raumvolumen von ca. 63 m³ sollte die nominelle Nachhallzeit also etwa 0.33 Sekunden betragen (das gute, alte Programm CARA empfiehlt übrigens > 200 Hz ähnliche Werte). Die obige gemessene Nachhallzeit und der empfohlene Korridor sähen also wie folgt aus:
Und wie viel m² perfektes Absorptionsmaterial würde ich nun benötigen, um die Nachhallzeit in den empfohlenen Korridor zu bringen? Dazu muss ich erst mal ausrechnen, wie viel perfekter Absorber sich eigentlich schon im Raum befindet und dafür sorgt, dass die Nachhallzeit eben so ist wie sie ist. Die Formeln dafür findet man in diesem Artikel (gegen Ende):
-> oberhalb von 200 Hz sind im Schnitt mindestens 10 m² perfekter Absorber nötig um die rote Linie zu erreichen
Und wie viele und welche Absorber brauche ich dafür? Da wird die Sache schwierig, denn dafür müsste ich erst mal "verlässliche" Absorptionswerte für die in Frage kommenden Materialen haben. Anhaltspunkte bietet unser Artikel Überarbeitung des HiFi-Selbstbau-Hörraums. Dort haben wir sehr gute Erfahrungen mit akustisch wirksamen Vorhängen gemacht: 2 jeweils 125 cm breite und 250 cm hohe Schals aus Baumwolle (300 gr/m²) vom dänischen Möbelhaus brachten oberhalb von 400 Hz im Schnitt gut 5 m² äquivalente Absorptionsfläche (grüne Kurve):
Wen das Thema Raumakustik interessiert sollte öfter mal die Seite https://clc.koeln/category/workshops/ besuchen - dort kündigen wir unsere Workshops an. Ein Raumakustik-Workshop befindet sich übrigens in Planung und wird voraussichtlich Anfang 2023 erstmalig stattfinden . . .
Fazit:
Dank cleverem Konzept mit DSP-Verstärker ließ sich die SPENDOR Evo auch in ihrem neuen Zuhause optimal einmessen. Nach 2 Wochen Musikhören mit der neuen Einstellung ist der neue Besitzer äußerst zufrieden. Hier sein Kommentar:
Die Spendor EVO hat mir schon damals bei ihrer ersten Veröffentlichung 2015 sehr zugesagt. Als die Lautsprecher dann dieses Jahres zum Verkauf standen, musste ich nicht lange überlegen. Gekauft ohne Hörprobe, nur aufgrund des interessanten Konzeptes, ihres Design und die perfekte Handwerkliche Arbeit. (..nette Grüße an Rüdiger) Meine Leidenschaft für Hifi begann schon vor über 40 Jahren und mit dem Lernprozess für richtiges hören haben sich auch so einige Lautsprecher (ich selbst kann sie nicht mehr zählen) in meinen heimischen Wänden finden können. Am Schluss bin ich aber, wie so viele andere Musikliebhaber auch bei Rogers, ProAc und Tannoy stehen geblieben. Nun aber zur Spendor EVO: Ein Lautsprecher mit Hypex-Verstärkern onboard und der Option für eine DSP Raumanpassung war für mich Neuland. Deshalb hörte ich die Speaker auch anfangs mit den Parametern (großzügiger Altbau), welche noch vom Vorbesitzer gespeichert waren. Dennoch war das durchdachte Konzept für mich gut hörbar. Klangfarben und Dynamikreserven alles da. Der Bass aber deutlich zu präsent und beide Kanäle unterschiedlich laut. Für Langzeithören also noch nicht so geeignet. Dann war es endlich soweit! Herr Ahlersmeyer stand mit Laptop und Messmikrophon vor meiner Tür. Nach einen netten Gespräch und Fachsimplerei ging er mit kompetenten Wissen an die Anpassung der perfekten Filter für die ideale Frequenzkurve für meinen nicht so perfekten Hörraum. Immer unterstützt durch sein Messmikrofon und Software. Nach 3 Stunden war es dann soweit, sodaß wir einen ersten Hörcheck machen konnten. WOW was für eine Bühne, so mein erster Eindruck. Das konnte ich in meinen Raum noch nie wahrnehmen. Wie ich immer gerne sage “man hört plötzlich Musik und nicht nur Töne“ Eine Durchzeichnung von Instrumenten mit der richtigen Substanz der Klangkörper und deren Klangfarben. Egal ob Piano, Bläser oder Drums, große oder kleine Besetzung. Der Lautsprecher hat immer die richtige Balance für Musikalität ohne nervig zu klingen. Der Klang ist frei von dröhnen oder Überlagerungen und wenn es mal etwas lauter darf.. ist man im mittendrin im „Livekonzert“ und genießt. Musik zu Hause hören bekam für mich eine neue Dimension. RH |
Soweit der O-Ton - das hört man gerne ;-)
P.S.:
Der originale Besitzer der SPENDOR Evo ist nach einem Jahr Notbehelf mit einer kleinen Box übrigens wieder auf uns zu gekommen um ein neues Boxenprojekt mit uns zu starten. Basierend auf der QUATTRO MkII von Troels Gravesen soll ein ähnliches Projekt wie die SPENDOR Evo realisiert werden, diesmal aber mit eingebautem Subwoofer auf der Rückseite und ähnlich kompakt wie die Dutch & Dutch 8c, nur ohne die seitlichen "Auslässe" und mit externer Elektronik - stay tuned . . .
Die Chassis sind schon da . . .
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