Überarbeitung einer YAMAHA NS-1000
Mittlerweile hat es sich wohl herumgesprochen, dass wir ein Herz (und Händchen) für alte Lautsprecher-Schätzchen haben (s. z.B. Umbauten oder Fertiglautsprecher). Daher werden wir schon mal gefragt, ob wir ein bei eBay geschossenes Schätzchen mal schnell durchchecken können.
Dann stellen wir die Boxen erst mal kurz in unseren Hörraum (an unsere "Standardposition") und hören sie uns kurz mit unserer Standard-Test-CD an. Ggf. wird dann etwas mit der Einwinkelung gespielt oder das Bassreflexrohr mal kurz zugestopft (falls vorhanden und uns im Bassbereich etwas stört). Dann machen wir aber auf jeden Fall eine Messung am Hörplatz (nur linke Box, nur rechte Box und beide Boxen). Dann sehen wir schon mal ob linke und rechte Box einigermaßen gleich sind (geringe Unterschiede ergeben sich allein schon durch die etwas unterschiedliche Aufstellung). Wenn dann beide Boxen weitestgehend identisch aussehen und der Frequenzgang einigermaßen passt machen wir eventuell noch mal eine Impedanzmessung.
Falls es Unterschiede gibt kann man auf die Schnelle noch mal Nahfeldmessungen des betreffenden Chassis in beiden Boxen machen. Das Ganze dauert meist nur 30 bis 60 Minuten. Alles, was darüber hinaus geht, braucht mindestens einen Schraubendreher und deutlich mehr Zeit.
Diesmal war es eine aus der Bucht gefischte YAMAHA NS-1000, die unsere Hilfe benötigte. In Normalstellung der Pegelregler für den Mittel- und Hochtonbereich klang die Box sehr mittig mit deutlich unterbelichteten Höhen, außerdem war keine saubere Mitte zu orten.
Da sind wir dann gleich zu den Messungen übergegangen:
-> tja: Mitteltöner zu laut, Hochtöner viel zu leise und sehr unterschiedlich
Erst bei Absenkung des Mitteltöners auf – 3 dB und maximalem Pegel des Hochtöners ergab sich ein einigermaßen linearer Frequenzgang:
Jetzt klang es aber etwas warm und beim Übergang zwischen Mittel- und Hochtöner gab es immer noch ein kleines Loch. Warum waren denn die beiden Hochtöner so unterschiedlich? Hier mussten wir etwas tiefer einsteigen . . . Der Kunde mit den NS-1000 hatte in weiser Vorausahnung schon mal 2 Paar Ersatzhochtöner besorgt:
- 1 Paar Hochtöner aus der YAMAHA NS-690 (Textilmembran)
- 1 Paar Hochtöner aus der YAMAHA NS-1000 (Berylliummembran)
Zunächst wurde die Impedanz aller Hochtöner gemessen:
Hinweis: Die originalen Hochtöner (schwarz + rot) machten bei höheren Pegeln schlapp
Diese wurde mit Messungen verglichen, die von Troels Gravensen bei einer sehr gut dokumentierten Überarbeitung einer NS-1000gemacht wurden:
- Bei Troels Gravensen liegt die Resonanzfrequenz des Hochtöners bei 800 Hz (Impedanzmaximum etwa 23 Ohm)
- Die original eingebauten Hochtöner (schwarz + rot) haben eine breitbandig zu geringe Impedanz und das Impedanzmaximum ist viel zu niedrig
- Die NS-1000-Ersatzhochtöner (blau und grün) streuen stark, sind aber ähnlich wie die obigen Messungen
- Die NS-690-Hochtöner (magenta und cyan) liegen schön zusammen
Im Folgenden soll daher überprüft werden, wie gleich die Hochtöner akustisch sind. Dazu wurden alle 6 Hochtöner in unserem Messpodest gemessen:
- Alle Hochtöner haben eine „Stufe“ von ca. 5 dB bei knapp 2.5 kHz, also etwa bei der Frequenz bei der die Impedanz ein 2. Lokales Maximum hat
- Die original eingebauten Hochtöner (schwarz + rot) sind die leisesten und sind besonders unterschiedlich (besonders der rechte Hochtöner weicht ab)
- Die NS-1000-Ersatzhochtöner (blau und grün) streuen etwas, sind am lautesten und fallen relativ früh ab
- Die NS-690-Hochtöner (magenta und cyan) liegen schön zusammen, sind im mittleren Bereich etwas leiser, haben aber um 15 kHz den höchsten Pegel
Im Folgenden wurde der winkelgewichtete Schalldruck berechnet, ein Maß für die insgesamt abgestrahlte Schallenergie (bestätigt den obigen Trend):
Bei allen Hochtönern wurde auch der Klirrfaktor bei Anregung mit 5 Volt bestimmt:
- Der rechte Originalhochtöner klirrt deutlich mehr als alle anderen
- Die NS-690-Hochtöner klirren am wenigsten (K3 = rot ist immer kritisch)
Aus akustischen Gründen wären die NS-690 Hochtöner die beste Wahl, aus optischen Gründen sollten auf Wunsch des Kunden aber die originalen NS-1000-Ersatzhochtöer zum Einsatz kommen.
So sieht dann der Vergleich der gemessen Impedanzen aus:
-> der Mitteltöner zeigt nicht die Doppelspitze wie bei Troels Gravensen, ansonsten sehr ähnlich
Analyse der NS-1000
Wo wir die NS-1000 schon mal auf hatten haben wir auch gleich noch ein paar andere Messungen gemacht. Da wir im Web in einem "Owners Manual" die Frequenzgänge in den Stellungen "+3 dB", "Normal" und "-3 dB" (jeweils für Mittel- UND Hochtöner) sowie entsprechende Impedanzschriebe gefunden haben lag es natürlich nahe diese Messungen zu vergleichen:
Und so sehen unsere Messungen aus (unter 300 Hz gibt es starke Raumeinflüsse):
-> in "Normal"-Stellung hoher Wirkungsgrad von 89 dB/2.83V/m
-> weiter Regelbereich
-> relativ früher Höhenabfall
Das kommt so in etwa hin, die Herstellerangaben sind im mittleren Bereich eher schlechter, dafür reicht der Hochton höher (im Neuzustand)
-> schwierig zu vergleichen, da im Manual die Impedanz logarithmisch aufgetragen ist
-> Impedanzmaximum im Bass jeweils bei ca. 40 Hz
-> Impedanzminimum im Bass jeweils bei ca. 100 Hz und ca. 4.2 Ohm
-> Impedanzmaximum im Mittelton jeweils bei ca. 450 Hz, ab ca. 1 kHz weitgehend linear und knapp unter 8 Ohm
Im Folgenden wurden die einzelnen Chassis ohne Weiche im Gehäuse gemessen (0°, 15°, 30°, 45°, 60°, 75°, bei den unsymmetrisch positionierten Mittel- und Hochtönern jeweils innen und außen):
-> leicht ansteigender Verlauf; die Membranresonanzen bei 1000 und 1400 Hz konnte man schon im Impedanzschrieb erahnen
-> sehr gleichmäßiger Verlauf im Mitteltonbereich (außer unter 0°), geringe Bündelung
-> die Stufe bei 2.5 kHz ist im Gehäuse noch stärker
Die Bündelung ist nach innen (zu der Seite hin wo der Mittel- bzw. Hochtöner sitzt) deutlich geringer als nach außen. wenn man die Lautsprecher nicht einwinkelt sollten die Hochtöner jeweils innen stehen.
Mit der originalen Weiche ergeben sich folgende Frequenzgänge unter Winkel (Stellung "Normal"):
-> recht ausgewogen, aber bei größeren Winkeln eher mittenbetont
Für die Messungen befand sich das Mikrofon in 50 cm Abstand von der Schallwandmitte, auf Höhe zwischen Mittel- und Hochtöner. Wenn man die Mikrofonhöhe variiert ergeben sich folgende Frequenzgänge:
-> starke Einbrüche zwischen 3 und 5 kHz bereits ab 10 cm Höhenänderung (entspricht +/- 11°)
Und so sieht der Spannungsverlauf an den Chassis mit der originalen Weiche aus (Stellung "Normal"):
-> Bassüberhöhung von 2 dB bei 75 Hz, leichter Abfall > 150 Hz, stärkerer Abfall > 300 Hz
-> der Mitteltöner ist "normalerweise" schon um 3 dB zurückgenommen
Und dies ist der Regelbereich der Mittenreglers:
-> sehr weiter Regelbereich des Mitteltöners; bei "+3 dB" und "Max" keine Parallelverschiebung mehr
Und dies ist der Regelbereich des Höhenreglers:
-> weiter Regelbereich des Hochtöners, weitgehende Parallelverschiebung
Nachmessung im Hörraum
Und so hat sich die überarbeitete YAMAHA NS-1000 dann in unserem Hörraum gemessen:
-> im Hochtonbereich deutliche Verbesserung gegenüber dem Anlieferungszustand (alle Regler auf 0 dB)
-> Bass- und Grundtonbereich wegen freier Aufstellung etwas "unterbelichtet" (bzw. Mitteltöner zu vorlaut)
Aber wofür hat man denn die Regler- da geht doch noch mehr!
-> uns gefiel die Einstellung Mid -2 dB und High +1 dB (magenta) am besten
Allen Messungen gemeinsam ist der kleine "Durchhänger" bei 4.5 kHz. Wenn man mal in ca. 70 cm Abstand das Mikro langsam von 20cm oberhalb der Gehäuseoberkante bis zur Mitte des Tieftöners gleiten lässt (Gesamtstrecke ca. 70 cm) sieht das Spektrum so aus:
Und so klingt es (MP3, 247 kB)
Nach etwa 18 Sekunden befindet sich das Mikrofon zwischen Mittel- und Hochtöner - dann klingt es am ausgewogensten. Darüber und darunter gibt es zwischen 3 und 5.5 kHz Einbrüche (s. auch oben bei den Messungen im RAR), die schließlich am Hörplatz zu dieser kleinen Senke führen. Daher ist ein korrekte Höhenpositionierung bei dieser Box sehr wichtig.
Fazit:
Die YAMAHA NS-1000 M ist ein toller Lautsprecher - wenn er denn heile ist. Bei unserem Problemkind waren beide Hochtöner nicht OK, der Besitzer hatte die defekten Originalhochtöner jeweils mit einer neuen Schwingspule versehen lassen, was offenbar gar nicht funktioniert hat. Mit einem Pärchen Ersatzhochtöner (aus der NS-690 oder aus der NS-1000) spielte die Box dann aber wieder auf ihrem ursprünglichen Niveau.
Der Bassbereich ist bei freier Aufstellung etwas zurückhaltend, die NS-1000M kann gut eine Wand in Rückennähe gebrauchen. Das Highlight der Box ist aber ihr großer Kalottenmitteltöner. Dank diesem dröselt sie auch komplexe Musikpassagen auf und lässt sich auch von Pegelspitzen nicht aus der Ruhe bringen. Die Pegelregler erlauben je nach Aufstellung eine feinfühligen Anpassung und arbeiten auch nach über 25 Jahren noch sehr smooth - Respekt!
Der Besitzer der NS-1000M hatte auch noch eine defekte Mitteltonkalotte für uns, so dass wir diese auseinander nehmen und "hinter die Kulissen" blicken konnten - dabei sind tolle Fotos entstanden, die es so noch nicht zu sehen gab (wer baut schon ohne Not eine so tolle Mitteltonkalotte auseinander?). Daher haben wir der Kalotte noch einen Chassistest spendiert, der in Kürze erscheinen wird.
Kommentare
Vielen Dank für die tolle Info, wie immer sehr detailliert und ausführlich.
Gruß aus Leipzig
http://www.troelsgravesen.dk/Yamaha-NS1000.htm
Gruss christoph
ähm.....nicht gelesen oder einfach nur übersehen das wir im Bericht ausdrücklich auf die Seite von Troels verlinken?
MfG
Das HiFi-Selbstbau Team
wir haben sogar Diagramme von ihm benutzt . . .
Troels hat ja die Weiche überarbeitet, das stand hier nicht an. Bei dem Alter darf man aber davon ausgehen, dass sich die Chassis (insbesondere MT und HT) nicht mehr gleich verhalten (s. unterschiedlicher Impedanzverlauf).
Die Weichenoptimierung von Troels kann/sollte also nicht 1:1 auf eine andere NS-1000 M übertragen werden - zumindest wenn man das Optimum rausholen will. Auch beim Hochtöner gibt es Verbesserungspotenzial (Störstelle bei 2.5 kHz, Abfall ab 15 kHz). Troels trennt bei sehr hohen 4.5 kHz mit steilen 24 dB/Oktave (akustisch) und verwendet einen Saugkreis für den HT, damit die Störstelle des HT bei 2.5 kHz nicht mehr so weh tut. Er zeigt zwar das gute horizontale Rundstrahlverhalten, das vertikale Rundstrahlen dürfte bei einer so hohen Trennfrequenz und so großem Chassisabstand aber nicht viel besser aussehen als beim Originla - und da war es grenzwertig eng.
Also, wenn man es richtig machen wollte müsste man mMn auch den Hochtöner pimpen und bei ca. 3 kHz trennen, denn da beginnt der MT abzufallen.
Gruß Pico
Wie immer sehr schöne Arbeit und Toll zu lesender Bericht . Was mir noch fehlt ist eine Abschätzung wiso der Bassbereich soo unterbelichtet ausfällt . Die Yamaha ist ja keine kleine Box und wohl als Midfield Abhöre meist für Wandferne , freie Aufstellung gedacht . Mit einem so großem Basschassis würde ich mir da doch wesentlich mehr Tiefgang erwarten ....aber wenn's für den glücklichen Besitzer taugt , ist's ja gut ?!
L.G. Holger
großes Basschassis und relativ kleines Gehäuse UND relativ hoher Wirkungsgrad ergeben halt wenig Tiefgang - da lässt sich die Physik nicht überlisten. Unbeschaltet liegt die Resonanzfrequenz bei 46.6 Hz mit einem Qtc von 0.812 -> F3 ist ca. 41.5 Hz.
Das ergibt bei unserem ONLINE-Rechner, der Wirkungsgrad, untere Grenzfrequenz und Gehäusevolumen in Beziehung zueinander setzt (s. http://www.hifi-selbstbau.de/index.php?option=com_content&view=article&id=116) in einem 60 l Gehäuse einen Wirkungsgrad von 90.69 dB, von dem man wegen Qm/Qe = 5 noch 0.79 dB abziehen muss.
Mit der Unterstützung einer schönen Raummode bei 35 Hz (Raumabmessung ca. 5 m) hat das Teil auch Tiefgang
Gruß Pico
danke für die Mühen und den tollen Bericht - Gruß