Unser erster H.E.L.P. Lautsprecher in der 300ter Klasse ist ganz einfach aufzubauen. Gehäuse, 1 Chassis, Kabel, Absorption, Kleinteile... fertig. Als Chassis verwenden wir einen so genannten Breitbänder, oder Fullrangechassis. Dieses Chassis ist ganz allein für alle wiederzugebenden Töne verantwortlich, von tief bis hoch. Das ist sicher eine ganz schwierige Aufgabe, aber es gibt einige Chassis am Markt die das wirklich gut können. Damit es in den preislichen Rahmen der H.E.L.P. 300 Serie passt, haben wir uns für den Monacor SPX-200 WP entschieden.
Unser fazit im test vom März 2020:
- Trotz der kleineren Membranresonanzen klingt das Chassis ausgewogen
- Der Klirrfaktor ist moderat
- Mit einem UVP von 72.90 €/Stück (Straßenpreis ca. 40 €) ist der SPX-200WP preiswert
- 104 dB in 1 m Abstand ohne nennenswerte Dynamikkompression machbar
Die Abonnenten des HiFi-Selbstbau Magazins finden hier das ausführliche Datenblatt.
Die Basis-Daten des Chassis zur Konstruktion eines Gehäuses sind wie folgt:
Resonanzfrequenz | 43 Hz |
DC-Widerstand Rdc | 7.60 Ohm |
Gesamtgüte Qts | 0.772 |
Äquivalentes Luftvolumen Vas | 46.48 dm³ |
Membranfläche Sd | 213.8 |
Frei nach dem Motto, vertraue keiner Statistik die du nicht selbstb gefälscht hast, verwenden wir für die Konstruktion von Lautsprechern ausschließlich die von uns ermittelten Daten der Chassis. Wie wir diese Daten in unserem reflexionsarmen Raum ermitteln, könnt ihr im Artikel, so messen wir Lautsprecherchassis nachlesen.
Also los geht´s! Zunächst das geschlossene Gehäuse, errechnet mit unserem Online-Rechner für diese Gehäuseart.
AJ-Horn 7 Simulation
Oh Mann, fast 400 Ltr Gehäuse und dann "nur" bis 40 Hz -3 dB, das geht gar nicht. Bassreflexx vielleicht?
AJ-Horn 7 Simulation
Auch nicht wirklich wohraumtauglich mit über 300 Ltr, dafür aber bis 21 Hz - 3dB. Wer Spaß daran hat, bitteschön. Vermutlich werden jedoch dann die Holzkosten den Rahmen der H.E.L.P. 300 Serie sprengen. Also eigentlich eher Blödsinn weil auch die Kosten einer eventuellen Scheidung vom Lebensabschnittsgefährten noch hinzukommen.
Aber in Asien findet man tatsächlich Leute die in diese Richtung gehen. Auf Youtube findet man tatsächlich Leute die solch Reisekoffer mit dem Monacor SPX-200WP bauen.
Es gibt da seit, gefühlt der Steinzeit, eine Kennzahl und eine Fausformel die aus zwei Werten des Chassis berechnet wird und etwas über den Einsatzzweck aussagen soll. Diese Kennzahl, dem sogenannten EPB (Efficiency-Bandwidth-Product), ergibt sich wenn man die Resonazfrequenz (Fs) durch den Gesamtgütefaktor (Qts) des Chassis rechnet. Hier nun die Kennzahlen und ihre bedeutung. Dabei muss bachtet werden das es sich nicht um in Stein gemeißelte Vorgaben handelt. Man hat immer interpretations und handlungsspielraum, sonst könnte ja jeder ein perfektes Gehäuse für ein Chassis errechnen.
Eine Übersicht
Fs/Qts | Einsatzzweck |
< = 40-50 | Offene Schallwände, Transmissionline, Mass Loaded TML, TQWT |
= 50 - 80 | Geschlossene Gehäuse |
= 80 - 120 | Baßreflexsysteme |
> 120 | Hornsysteme |
In unserem Fall des Monacor SPX-200WP ergibt sich daraus Fs/Qts = 43/0,772 = 55,7, also in der grauzone von offen Schallwänden, Transmissionlines oder geschlossenen Gehäusen. Da 400 Ltr für das geschlossene Gehäuse doch deutlich zu groß erscheinen und offenen Schallwände (open Baffles) nicht ganz so einfach aufzustellen sind, versuchen wir es doch mal mit einer TML klassisch nach Bailey.
Wenn man da mal grob das Gehäusevolumen berechnet kommt man auf ca. 85 Ltr netto. Je nach Holzstärke werden es vielleicht 100 Ltr. Das hört sich doch schon eher nach einer vernünftigen Größe an und wäre auch in einer Standbox wohnraumgerecht zu verarbeiten.
AJ-Horn 7 Simulation
Da ist wohl was schief gelaufen. Wenn man mit den Daten unseres Online Tools arbeitet, zeigt AJ-Horn 7 etwas ziemlich unbrauchbares an. Einen + 10 dB Bums bei 75 Hz, das will doch keiner. Aber da gibt es ja noch ein schlaues Simulationsprogramm das auch TML´s berechnen kann. Herr Martin J. King. Benutzen wir doch mal seine MathCad Sheets, die leider nicht mehr frei erhältlich sind
Ohje, sein Sheet sagt zwar nicht diesen fiesen Bums vorher, aber viel tiefer als 70 Hz geht es da auch nicht.
Also entweder unsere Online Tool basiert auf falschen Formeln, oder Herr Bailey hat sich bei seinen Betrachtungen etwas anderes gedacht. Das müssen wir wohl noch ergründen. Rein von den Schulwerten her geshen errechnet sich die Länge eine TML nach Schallgeschwindigkeit:(Resonanzfrequenz*4) im Falle des SPX-200WO also:
344/(43*4)= 2 m
Weiterhin geht man davon aus das man als Anfangsquerschnitt die 1,5 fache Membranfläche und als Endquerschnitt die 1 fache Fläche als Startwerte nimmt. Das in AJ-Horn 7 simuliert...
...macht die TML jetzt aber auch nicht attraktiver. Eventuell ist dieses Chassis für eine klassische TML einfach keine gute Empfehlung.
Wenden wir uns dem nächsten Gehäuse zu, der TQWT. Dieses Gehäuse unterscheidet sich von der TML in sofern, als das es sich zum Ende nicht verjüngt, sondern erweitert. Darüber hinaus wird die Leitung dann auch noch mit einem Brett an der Mundöffnung verschlossen und in einem definiertem Abstand dazu wird eine Baßreflexöffnung ins Spiel gebracht. Auch für diese Art Gehäuse haben Herr Martin J. King und Herr Armin Jost eine Simulation bereit. Das ist die Grundform des Gehäuses.
Man kann eine TQWT auch ungefaltet aufbauen, dann kommt es eher dem ursprünglichen Erfinder von 1934, Paul G. A. H. Voigt, nahe. So etwas haben wir auch schon vor 16 Jahren gebaut und hieß bei uns OFA... OneForAll.
Wenn man das "Rohr" etwa 2.4 m lang macht, die Anfangsfläche ca. SD*05, also halbe Membranfläche, setzt und die verschlossene Mundöffnung auf näherungsweise die 4-fache Membranfläche einstellt, dann bekommt man bei einem 80 cm² großen und 25 cm langem BR-Rohr folgende Simulation
Dazu die Prinzip-Skizze
Für das Problem wie man ein 25 cm langes Baßreflexrohr vernünftig einbringt gibt es auch eine Idee, es wird eine rechteckiger Kanal längs der hinteren Wand.
Nun ja, -3 dB mit etwas Glück bei knapp unter 40 Hz, hört sich jetzt nicht nach einem außergewöhnlichen Kracher an. Da aber die allermeiste Musik gar keine tieferen Töne von sich gibt und wir dazu noch den Roomgain, also den Raumeinfluß geschenkt bekommen, sollte man da einfach mal einen Versuch wagen. Tatsächlich lässt sich der Monacor SPX-200WP so sinnvoll in ein vernünftig großes Gehäuse packen ohne das die Folgekosten (s.o) explodieren.
Aber lohnt sich das überhaupt, oder ist der SPX-200WP eine klangliche Vollkathastrophe?
Wir haben da so eine Testgehäuse für Breitbänder und ähnliches das wir immer wieder mal einsetzen. Es handelt sich dabei um eine sogenanntes Kardioid Gehäuse. Die Box ist nach hinten offen und ziemlich stark mit Absorptionsmaterial gefüllt. Man könnte auch sagen das es sich um eine kontrollierte Undichtigkeit handelt, hier ziemlich stark kontrolliert. Aber um den Grundcharakter eines Chassis herauszufinden passt das, wenn man einiges an Hörerfahrung hat.
Mal schaoen was AJ-Horn 7 dazu sagt, vielleicht lässt sich das irgenwie simulieren. Wenn man die Innenmaße (Schallwand) des Gehäuses miteinander multipliziert, das Ergebnis als Halsfläche angibt, danach die Länge des nach hinten offenen Rohres auf die Gehäusetiefe setzt und dann die Werte für die Mundöffnung so einstellt das sich wieder die Halsfläche ergibt, bekommt man eine nach hinten offenes Gehäuse.
Man hat also eine sehr kurze TML mit riesiger Querschnittsfläche. Man sollte darauf achten das die Treiberposition auf 0 gesetzt ist. Das ergibt einen sehr welligen Frequenzgang der nicht besonders tief reicht.
Aber es fehlt ja noch das Absorptionsmaterial. Dafür hat Herr Jost seinem Simulationsprogramm den Wert "ß" mit auf den Weg gegeben. Hier kann man für den Anfang und das Ende des Rohres einen Wert eingeben der in die Berechnung mit einfließt. Herr Jost nennt da Werte zwischen 100 für schwache Absortion und 1000 für starke. Da wir das Gehäuse an der Treiberposition schwächer absorbierend füllen und an der offenen Seite sehr stark, arbeiten wir mit den Werten 500 und 2000.
Voilá, passt. Jetzt Chassis provisorisch einabuen, hören und mutig mal nachmessen.
Die Box steht hier auf dem Kopf da der Treiber sonst in 1,7 m Höhe wäre.
offen Holland, wie man so schön sagt.
So steht sie dann im CLC unserem wunderbaren Hörzentrum, in dem sich schon viel bekannte und unbekannte Lautsprecher zum Hören eingefunden haben.
Kurz mit Dirac in einer Quick & Dirty Session drübergemessen...
Zum Vergleich mal das Messergebnis aus dem Monacor Datenblatt
Quelle: Monacor
Diese Messung sieht schon irgendwie schöner aus, ist aber tatsächlich sehr gestreckt und deckt ein leichtes Mäntelchen des Schweigens über die wahren verhältnisse. Bei Frequenzen unterhalb von 400 Hz bis 500 Hz kommt dazu noch der Raumeinfluss. Hier binden fast alle Hersteller und Lieferanten die Nahfelmessung am Chassis ein. Daher ist es da so schön glatt.
Aber.... Der Kenner sieht auch das Monacor hier keinesfalls geschwindelt hat, im Gegenteil sehr ehrlich ist. Die Tendenz unserer Messung im Raum UND im ziemlich ungewöhnlichen Gehäuse, deuten doch stark auf eine enge Verwnadtschaft hin. Da haben wir schon Dinge erlebt die man nicht für möglich hält, bei denen man denkt man hätte ein vollkommen anderes Chassis.
Also, sehr schön, danke an Monacor.
Was sagt Monacor und unsere Messungen zum Thema Impedanz, um die 40 Hz herum. Die AJ-Horn Simulation deutet an das diese Art von Gehäuse daran nicht viel ändern wird.
Das kann man mit einen kleinem aber feinen Messkästchen von Dayton, DATS V3, ganz einfach nachmessen
Siehe da, um die 40 Hz, passt. Man sieht aber auch das die Absorption in den Gehäuse leicht unterschiedlich ist, das geht besser. Darüber hinaus sieht man auch einen Einbruch bei ca. 500 Hz bis 600 HzHz zu sehen ist. Auch der gemessene Frequenzgang im Raum zeigt das noch wenn man genau hinschaut. Es ist anzunehmen das dieser Eibruch auf eine Resonanz der Sicke zurückzuführen ist. Das haben leider sehr viele Chassis und ist eigentlich auch kein Beinbruch.
Aus diesen Erkenntnissen kann man schließen, das es ohne eine Filterug passiv oder per DSP wohl nicht gehen wird. Der Gesamte Bereich unterhalb von 500 Hz ist zu leise.
Um aber trotzdem einen klanglichen Eindruck vom Chassis zu erhalten, kann man sich in der wirklich ausgeschlafenen Raumkorrektursoftware DiracLive Zielkurven "bauen" mit denen man erstmal sehr gut hören kann. Das haben wir gemacht und zwar, ein flache:
Wie DiracLive sie für diesen Lautsprecher "erarbeitet" hat. Tatsächlich fällt die STD Zielkurve von DiracLive für fast jeden Lautsprecher anders aus, wie die das machen...... keine Ahnung.
Und dann ist da noch die leicht abfallende Zielkurve die wir meist in unserem Cologne Listening Center präferieren.
Tatsächlich hat uns der SPX-200WP überrascht. Obwohl er nicht der extreme Feingeist wie ein Visaton B200 ist, klingt er nach deutlich mehr als die mittlerweile ca 50€ Straßenpreis vermuten lassen, nach vielmehr.
Also geht es nun an die Konstruktion des endgültigen Gehäuses.
to be continued!
Danke für den Kommentar