Kombi-Waveguide von Pellegrene Acoustics

Seit einigen Jahren scheint es so, als könne man ohne Waveguides gar keine guten Lautsprecher mehr bauen - was hat man nur gemacht, als es die noch gar nicht gab? Wobei das Definitionssache ist - schließlich sind Hörner auch irgendwie Waveguides.

Aber: wann begann eigentlich der Hype um die Waveguides - und warum?

Im PA-Bereich gab es Waveguides (= Schallführungen) schon immer - sie waren zur Steigerung des Wirkungsgrads und zur Kontrolle des Abstrahlwinkels schon immer nötig. Im HiFi-Bereich waren Schallführungen die absolute Ausnahme, man sagte ihnen Klangverfärbungen nach. Das Maß aller Dinge war ein möglichst gutes Rundumstrahlverhalten, und dafür stand insbesondere die freistrahlende Kalotte.

Solange das Wohnzimmer noch Teppichboden hatte, dicke Vorhänge und ein großes Plüschsofa war die Welt mit breitstrahlenden Kalotten auch noch in Ordnung. Aber mit dem Aufkommen der Hausstauballergie wurde der Teppichboden aus den Wohnungen verbannt und machte Laminat, Parkett oder Fliesen den Boden frei. Ähnlich erging es den dicken Vorhängen und dem Plüschsofa, sie wurden durch Tüllgardinen und Ledersofas ersetzt.

Statt eines Hörraums mit viel Absorption und damit kurzer Nachhallzeit hatte man nun schicke Hallräume, in denen man Musik vor lauter Nachhall kaum noch genießen konnte. Diesem akustischen Obergau musste man nun mit gerichteter Abstrahlung entgegen wirken, um so das Verhältnis zwischen Direktschall und Reflexionen wieder zugunsten des Direktschalls zu verschieben. Das ging zum Beispiel mit Breitbandlautsprechern (die unter anderem dadurch einen zweiten Frühling erlebten) und durch - Waveguides.

Zunächst konzentrierte man sich auf Hochtöner mit Waveguides. Da mittlerweile die Tieftöner durch neue Membranmaterialien immer weiter bis in den Mitteltonbereich spielen konnten und die Hochtöner durch Antriebsoptimierungen und dünnflüssiges Ferrofluid immer tiefer angekoppelt werden konnten gewannen die 2-Wege-Lautsprecher immer höhere Marktanteile. Es gab nur ein Problem: bei einer Übernahmefrequenz von zum Beispiel 2 kHz bündelt ein 17cm Tief-/Mitteltöner schon deutlich, während die darüber eingesetzte Hochtonkalotte perfekt rundumstrahlte. Man konnte nun entweder einen linearen Schalldruck-Frequenzgang auf Achse anstreben (und hatte dann einen Einbruch bei der insgesamt abgestrahlten Schallleistung) oder konzentrierte sich auf einen linearen Schallleistungs-Frequenzgang (und hatte dann auf Achse eine Überhöhung am oberen Ende des Übertragungsbereichs des Tief-/Mitteltöners).

Quelle: http://pellegreneacoustics.com/

Und da kamen dann die Waveguide ins Spiel: sie sollten dafür sorgen, dass die Hochtöner von 2-Wege-Systemen bei der Übernahmefrequenz schon ähnlich bündelten wie die Chassis, die im Frequenzbereich darunter arbeiteten. Dazu hätte das Waveguide aber denselben Durchmesser haben müssen wie z.B. der Tief-/Mitteltöner - da war man dann meist nicht konsequent.

Noch schwieriger wird es, wenn man ein 3-Wege-System mit Waveguides bauen will. Durch die großen Waveguides wird der Abstand zwischen Mittel- und Hochtöner immer größer, was für das vertikale Rundstrahlen gar nicht gut ist.

Eine äußerst interessante Lösung für dieses Problem bitte die Firma Pellegrene Acoustics aus Ohio/USA an. Dort gibt es unter anderem ein kombiniertes Waveguide für 75mm Mitteltonkalotten (z.B. die hervorragende TANGBAND 75-1558SE) und 25 mm Hochtonkalotten. Die Messwerte auf der Pellegrene-Homepage sehen fantastisch aus, so dass einer unserer Abonnenten einfach mal ein Pärchen bestellt und es uns zugesandt hat.

 

 

 

 

Quelle: http://pellegreneacoustics.com/

Unsere Abonnenten können im ausführlichen Testbericht nachvollziehen wie gut dieses Kombi-Waveguide wirklich ist.

Nur Abonnenten können den ganzen Beitrag lesen

Kommentare

hifi-cinema
7 jahre vor
Sehr lehrreich - es kommt eben immer auf die Randbedingungen an.

Vielen Dank auch an den HSB Abonnenten, der das Risiko der nicht billigen Bestellung eingegangen ist und uns allen damit zu Aufklärung verholfen hat.
yogibär
8 jahre vor
Wieder mal ein Lehrstück allererster Sahne.
Dabei kommt dem Ergebnis der Analyse und Messungen fast nur noch eine untergeordnete Bedeutung zu. Wie heisst es so schön: Der Weg ist das Ziel!
Eine klasse Arbeit. Herzlichen Dank.
leifislive
8 jahre vor
Erst einmal riesen Danke an Alle für diese Coproduktion. Wieder einmal für mich ein Grund, warum ich HSB treu bin... :-)

Ich habe jetzt zum wiederholten Mal den Eindruck, dass man WGs in unendlicher Schallwand nur eingeschränkt und erst in einer "Zielschallwand" wirklich richtig eurteilen kann. Wolltet ihr nicht auch noch Daten von einer einfachen "Testbox" zeigen?
Theo
8 jahre vor
Hallo Leif,

ja wollten wir. Zuerst habe ich Pico drei Wochen allein gelassen und bin einfach nach Teneriffa gefahren ;-) und jetzt brauchte er unbedingt eine Woche Auszeit. Hat nicht mehr geklappt, Kalexm wollte verständlicherweise seine Boards zurück. Aber ich finde in den Bodenmessungen hat man zumindest sehr schön gesehen das die Boards eben nicht wie versprochen ab 800 Hz arbeiten. Damit sind sie zumindest für zwecklos geworden. Null Entlastung der TB.

:-) Theo
Alexander Heißmann
8 jahre vor
zitiere Theo:
Aber ich finde in den Bodenmessungen hat man zumindest sehr schön gesehen das die Boards eben nicht wie versprochen ab 800 Hz arbeiten.


Genau das sagt eine Bodenmessung eben nicht aus. Erst in entsprechender Schallwand sieht man, wie tief das WG wirklich wirksam einsetzbar ist.
Außer natürlich man will das WG in einer Wand einsetzen.

lg
Theo
8 jahre vor
Sorry, das sehe ich anders.
kalexm
8 jahre vor
Tja... danke für die tiefe Analyse. Leider ist das Ergebnis ziemlich naja.
die ATC mit AMT bündelt günstiger als das Ding...
Ich wollte es vermeiden, muss wohl jetzt selber ein WG entwickeln....
Diskus_GL
8 jahre vor
Hallo,

sehr schön die Waveguide-Problematik analysiert und an diesem Beispiel erläu :-) tert...

Grüsse Joachim

PS.: Nur die Sachem mit "die Schwingspulen in einer Ebene anzuordnen um eine "zeitrichtige" Wiedergabe zu ermöglichen" sollte ihr mal richtigstellen...
Pico
8 jahre vor
Hi Diskus_GL,

Zitat:
Nur die Sachem mit "die Schwingspulen in einer Ebene anzuordnen um eine "zeitrichtige" Wiedergabe zu ermöglichen" sollte ihr mal richtigstellen. ..
Dazu kann man natürlich beliebig lange Romane erstellen, aber ich denke auf die Schnelle ist das mit dem Hinweis

Zitat:
(was allerdings nur mit 6 dB-Weichen funktioniert, s. Zeitrichtig Teil 1 und Zeitrichtig Teil 2).
und den beiden Links erschöpfend abgearbeitet - warum das Rad immer wieder neu erfinden?

Gruß Pico
FlorianK
8 jahre vor
Klasse Bericht mit tollen Fotos ! Respekt

You have no rights to post comments