cs7 box kl

LAL - von den Vorbildern lernen

....wenn man so wie wir einen Klassiker nachbilden will (Projekt LAL), muss man sich zunächst dessen Großväter ansehen. Da wir in unserem Fundus Lautsprecher wie eine KEF CS7, CS5 oder auch die CS1 haben, fällt uns dieser Part natürlich insofern leicht, als das wir die Lautsprecher nur aus der Kammer holen müssen.

Nach einem ausgiebigen Hörtest in unserem Hörraum stand dann fest, dass auch nach heutigen Kriterien KEF Lautsprecher immer noch Tugenden vorzuweisen haben die sich so manch moderne Konstruktion erträumen muss.

Nach der Kür kam die Pflicht und die CS7 musste in unserer Folterkammer beweisen was sie so drauf hat.

 

 

 

 

 

 

Erklärtes Entwicklungsziel der LAL ist es, die Klangqualität so legendärer Boxen wie der der KEF-Largo mit modernen Chassis zu realisieren. Leider haben wir keine KEF Largo als Referenz verfügbar, wohl aber "eine Nummer kleiner" - die KEF CS7.

cs7 box

Dort werkelt statt dem größeren B300 aus der Largo der nicht weniger legendäre etwas kleinere KEF B139. Mittel- und Hochtonsektion sind weitgehend identisch, und auch die - fast originale - KEF-Weiche kann ihre Gene nicht verbergen.

Schließlich klingt die CS7 trotz langer "Arbeitslosigkeit" nach ein paar Tagen Einrauschen ähnlich wie das größere Vorbild: unaufdringlich, voll im Bass, nie lästig aber trotzdem keine Details verbergend und mit einer sehr präzisen Mittenortung. Auch ohne schmale Schallwand schafft sie es das Klanggeschehen von den Boxen zu lösen.

Und wie misst sie sich? Erst mal haben wir die Impedanz gemessen um zu sehen ob beide Boxen etwa gleich sind. Eine der beiden Boxen (die 1) hatten wir zudem geöffnet, und so wollten wir überprüfen ob wir beim Wieder-Zusammenbau keine Fehler gemacht haben:


-> na, die "ungeöffnete" Box ist doch etwas dichter
-> bei 70 Hz, 400 Hz und 4 kHz gibt es kleine Impedanzminima, die auf leicht überschwingende Filter hindeuten
-> das Plateau von 800 bis 3k Hz sieht "ungewöhnlich" aus

Sehr angenehm bei den KEF-Bauvorschlägen ist, dass sie bereits damals außerordentlich gut dokumentiert waren. Und da es auch heute noch eine große Fangemeinde gibt sind umfangreiche Informationen im Netz verfügbar. eine kurze Suche nach "CS7" führt uns auf die Seiten von Hifi-Lodspeakers. Dort fand sich sogar ein "Soll"-Impedanzverlauf:

  • na bitte, wer sagt's denn! OK, im Bassbereich etwas optimistisch (Fc = 32 Hz) und um 2.2 kHz etwas anders, aber sonst passt's!

    Als nächstes haben wir den Frequenzgang gemessen. Zunächst mal "quick and dirty" im Nahfeld in 5 cm Abstand, um den Einfluss der anderen Chassis zu unterdrücken und so im Übertragungsbereich nur den Anteil des jeweiligen Chassis näherungsweise zu ermitteln:


    -> im Bass deutliche Überhöhung um 70 Hz (1. Impedanzminimum)
    -> Interferenz von Mittel- und Hochtöner um 3.5 kHz
    -> nennenswerter Output des Mitteltöners (?) um 5 kHz
    -> sehr gradliniger Verlauf des Hochtöners bis 20 kHz

    Besser wäre es gewesen nur jeweils ein Chassis über Weiche zu messen, aber dafür hätte man die Box mehrfach auf- und wieder zuschrauben müssen. Die komplette Box können wir in unserem RAR wegen der Bodenreflexion leider nicht messen, dafür aber den Mittel-/Hochtonbereich. Nur: in welcher Höhe sollen wir den messen? Das Gehäuse der CS7 ist 103 cm hoch, 29.5 cm breit und 40 cm tief. Der Mitteltöner sitzt am weitesten oben (92 cm über dem Boden), darunter der Hochtöner (79 cm vom Boden) und dann der Bass (53 cm vom Boden). "Normalerweise" würde man mittig zwischen Mittel- und Hochtöner messen, aber wer sitzt schon so tief (85.5 cm). Viel realistischer ist eine Mikrofonhöhe in Höhe des Mitteltöners:


    -> ausgeprägte vertikale Richtwirkung mit gleichmäßigstem Verlauf in Höhe Mitteltöner
    -> 2.5 dB hohes Plateau von 3 bis 5.5 kHz

    Hmh, das hätten wir uns besser vorgestellt. Ist die Weiche doch falsch zusammengelötet oder ein Chassis verpolt? Oder liegt es daran, dass die Chassis nicht versenkt sind? Der Blechkorb des Mitteltöners steht 7 cm oberhalb des Hochtöners immerhin gut 5 mm vor . . . Wie sieht es denn mit einer nachträglichen Versenkung von Mittel- und Hochtöner mittels einer 4 mm dicken Sperrholzplatte aus?

    einfraesung


    -> das nachträgliche, provisorische Versenken war ein voller Erfolg!

    KEF gibt in der Dokumentation der CS7 auch einen Frequenzgang an - und wie sie ihn (in 2m Abstand) gemessen haben:

    Hhmm, die 11° nach oben sind 39 cm auf 2 m, da ist man dann auf 1.21 m Höhe. Das mag ja die schönste Frequenzgangkurve ergeben, ist aber von der Hörposition wohl nicht ganz praxisgerecht. Was passiert denn da?


    -> bei der größeren Entfernung haben Kantenreflexionen einen stärkeren Einfluss

    Na, messen wir erst mal das horizontale Rundstrahlverhalten in Höhe des Mitteltöners mit der nachträglichen Versenkung:


    -> unter 30° und 45° sehr ausgewogener Frequenzgang bis 12.5 kHz

    Aha, die CS7 ist wohl dafür gedacht, NICHT auf den Hörer ausgerichtet zu werden sondern parallel zur Wand zu stehen. Mal sehen was der winkelgewichtete Schalldruck sagt:


    -> die Überhöhung bei 5 kHz bleibt auch beim winkelgewichteten Schalldruck sichtbar (nur horizontal)
    -> würde man die vertikale Richtwirkung mit einbeziehen dürfte sich das nicht ändern (s. Einfluss der Mikrofonhöhe)

    Tja, vielleicht hat da doch der Zahn der Zeit an den Membranen genagt? Oder doch ein Fehler in der Weiche? Also erst mal den Spannungsverlauf an den Chassis messen:

    • wie vermutet, bei 70 Hz gibt es ein Überschwingen in der Basssektion, da die Impedanzüberhöhung im Bereich der Resonanzfrequenz nicht entzerrt wurde
    • die Filterverläufe sehen sehr gut aus, die mittlere Steilheit beträgt ca. 15 dB/Oktave, lediglich beim Hochpass des Mitteltöners sind es "nur" 12 dB/Oktave

    Und wie hätte es aussehen sollen? Tja, da greifen wir doch mal wieder auf die hervorragenden KEF-Dokumentation zurück, in der sich sogar der Spannungsverlauf der Chassis findet (eine für den sicheren Nachbau extrem wichtige Information):

    • beim Tiefpass des Mitteltöner sieht das anders aus (Impedanzentzerrung?)
    • der Rest kommt gut hin, allerdings hat man im Bassbereich wohl etwas "geschönt"

    Wenn man die Dokumentation genau liest, dann ist das gar nicht der Spannungsverlauf über den Chassis sondern der Spannungsverlauf am Weichenausgang, wenn man statt der Lautsprecherchasiss 8 Ohm Widerstände anschließt - da muss man erst mal drauf kommen! Obwohl: bevor man seine Chassis an einer falsch zusammengelöteten 3-Wege-Weiche zerstört ist dieser "Warmduscher"-Trick gar nicht schlecht! Und das hat den Vorteil, dass man den Verlauf mit Boxsim simulieren kann.


    Boxsim-Modell der CS7 mit 8 Ohm Widerständen (ZIP-Datei, 5 kB)

    • Na bitte, wer sagt's denn! Bis auf das Überschwingen beim Hochtöner (die Verluste der Kondensatoren werden in Boxsim nicht berücksichtigt) sieht es jetzt prima aus (Ansicht um 10 dB "nach oben" verschoben)

    Wie sieht denn die Weiche überhaupt aus? Hatte ich schon erwähnt, dass die KEF-Dokumentation einfach toll ist?


    -> das sind mal Angaben! Die KEF-Leute hatten offensichtlich keine Angst vor hochohmigen Spulen!

    Bis zu 1.7 Ohm vor dem Bass - das sollte heute mal einer wagen! Und beim Mitteltöner wurde die Spule L3 gleich als ca. 1.8 Ohm großer "eingebauter Vorwiderstand" genutzt - effizient! Der Austausch gegen eine vermeintlich "bessere" (= verlustärmere) Spule hätte hier nur einen deutlich lauter als geplanten Mitteltöner zur Folge. Hier wird sogar die Qualität der Kondensatoren über die Spannungsfestigkeit und den Verlustwinkel definiert - von wegen "High-End-Variante".

    Nehmen wir doch einfach mal vom Impedanzverlauf ähnliche VISATON-Chassis und bauen die Weiche nach. Dann sehen wir ja wie es hätte sein sollen:


    Boxsim-Modell der CS7 mit VISATON W250S, W130S und G25HE (ZIP-Datei, 34 kB)

    Und wie sieht der Impedanzverlauf aus:

    • um 2 kHz passt es nicht, aber es wurde auch nur ein ähnliches Chassis verwendet

    Und wie sieht der Spannungsverlauf aus (wieder um 10 dB angehoben):

    • also im Bassbereich bestätigt sich unsere Messung
    • der Spannungsverlauf am Mittel- und Hochtöner ist der Messung ähnlicher

    Wir werden die Chassis demnächst noch einmal ausbauen und den Impedanzverlauf und die TSPs messen und auch die Weichenbauteile noch einmal nachmessen um den letzten feinen Unterschieden auf die Spur zu kommen.

    Wenn die Messergebnisse so sieht und das Alter der Chassis berücksichtigt muss man sagen: verdammt gut und langlebig gemacht! Aber linealglatt ist der Frequenzgang nun nicht gerade, sondern eher ganz leicht "badewannig", und die Bassüberhöhung bei 65 Hz ist auch nicht so ganz klangneutral. Immerhin ist auffällig, dass die CS7 ein sehr gutes Rundstrahlverhalten hat. Aber vielleicht sind es gerade diese leichten Abweichungen von der Ideallinie, die die CS7 so angenehm machen? Damit dieser Wohlklang nicht zerstört wird müsste der Klirrfaktor eigentlich sehr gering sein:


    -> relativ viel "harmonischer" Klirrfaktor K2
    -> die "unharmonische" Klirrkomponente K3 ist sehr niedrig, bis auf eine Überhöhung von 700 bis 2300 Hz
    -> K3 und höhere Klirrkomponenten sind kaum pegelabhängig


    Fazit:

    Zunächst mal ein Riesen-Lob an die KEF-Dokumentation! Ohne sie hätten wir nicht so ohne Weiteres überprüfen können, ob die Weiche noch in Ordnung ist etc.

    Die KEF CS7 hat eine ca. 3 dB große Überhöhung im Bassbereich um 65 Hz und wirkt dadurch etwas füllig. Der relativ hohe Innenwiderstand der Bassspulen (bis zu 1.7 Ohm) mach sich kaum negativ bemerkbar: der Bass ist zwar nicht betont knackig, aber auch nicht übermäßig unkontrolliert. Der sanfte Abfall zu tiefen Frequenzen (12 dB/Oktave dank geschlossenem Gehäuse) lässt - in Verbindung mit der ein oder anderen Raumresonanz - keinen Tiefstbass vermissen.

    Im Mitteltonbereich gibt es eine sehr breite, ca. 2 dB tiefe "Senke" um 1.5 kHz, die dafür sorgt, dass die CS7 nicht zu aufdringlich ist und genügend Grundtonwärme hat.

    Der Hochtöner läuft auf Achse sehr linear und strahlt sehr breit rundum. Daher klingt die CS7 nicht zu müde und nicht zu warm. Die Höhen schreien einen nicht an sondern wollen "erhört" werden. Die zunächst festgestellte Überhöhung bei 5 kHz war "hausgemacht", weil die Chassis nicht versenkt waren.

    Alles in allem kochen die KEF'ler auch nur mit Wasser. Trotzdem hat die CS7 was. In Anbetracht des Alters der Chassis sind die Messdaten einfach nur sensationell . . .

Kommentare

Klaus Thurau
12 jahre vor
Hi, weiß nicht ob das noch aktuell ist - aber ich glaube du suchst KEF Toccata.
Die ist allerdings mit dem T52B und dem B110B (SP1057) gebaut.
Sieht zwar aus wie D´Apollito - ist es aber nicht. Trennfrequenz und Weiche entsprechen nicht den Vorgaben für eine D´Appolito.

Bauplan gabs u. a. in der Klang+Ton Speziel Nr.1

Viel Spass

Klaus
Tare
14 jahre vor
Hallo,
>
> ich bin auf der Suche nach einem Gehäusebauplay für einen
> Selbstbaulautsprecher, bei dem das Gehäuse nicht mehr existiert. Ich
> würde
> mich sehr freuen, wenn Sie mir da behilflich sein könnten und/oder auch
> einen Tip hätten.
>
> Bei den Chassis handelt es sich um jeweils 2 Tief-Mitteltöner KEF B110 8
> Ohm
> in einer D'Appolito-Anordnung und einem Hochtöner KEF T33A 8 Ohm. Sie
> waren
> in einem Bassreflexgehäuse eingebaut. Den Bauplan gab es mal einer
> älteren
> Ausgabe von Klang und Ton (ich glaube Anfang der 90er..).
> Freue mich über jede Hilfe..

Gruß,

> Tarek El Aryan
Theo
14 jahre vor
Hallo Tarek,

kann mich an eine Kombi mit dem T52 von KEF erinnern die genau so aussah. Kann aber auch sein das ich mich da täusche. Ich muss da mal die alten Unterlagen durchblättern und sehen ob ich was finde. Ruhig ab und zu mal per Mail (siehe Kontakt unten) nachfragen. Wir haben im Moment viel zu tun und da gerät schon mal was in Vergessenheit. :-)

:-) Theo
Tarek
13 jahre vor
Hallo Theo,

ich bins noch mal nach einiger Zeit. Ich wollte noch mal nachfragen, ob du die Pläne für den LS noch gefunden hast?

Gruss,

Tarek
HiFi Selbstbau
13 jahre vor
Hallo Tarek,

bin leider noch nicht über das Teil gestolpert. Da wir aber gerade eine Sammlung mit historischen Bauvorschlägen erstellen, wird es zwangsläufig dazu kommen das der Plan auftaucht.

:-) Theo
vom HiFi-Selbstbau Team
Manfred Hölzen
14 jahre vor
Hallo,

auf der Suche nach einem Bauplan für einen B110 Center (D'Appolito-Anordnung) bin ich auf Ihre Anfrage im Hifi-Selbstbau-Forum gestoßen. Sind Sie mittlerweile fündig geworden? Meine Anfrage hier ist ziemlich egoistisch, da ich hoffe, von Ihren Fundstellen zu profitieren :-).

Besten Dank!

Gruß

Manfred Hölzen

You have no rights to post comments