MISSION Impossible?

Vor einigen Wochen erreichte uns die Anfrage, ob wir ein Paar MISSION 753 reparieren könnten, die würden "bei Sprache ab und zu so komisch knacksen".

"Komm'se mal vorbei, dann gucken wir uns das mal kurz an".

Als die 753er dann vor uns standen haben wir die 4 13cm-"Bässe" pro Box erst mal vorsichtig nach innen gedrückt und auf Kratzgeräusche geachtet - nix. Ein Test mit Rauschen offenbarte dann, dass ein Hochtöner defekt ist. Dummerweise gibt es von MISSION keine Ersatzchassis mehr, also mussten wir was frickeln.

Warum es knackst, wenn der Hochtöner defekt ist und wie wir der 753 wieder frische Höhen eingehaucht haben könnt ihr im Bericht Mission Impossible lesen.

(öffentlich)

 

 

 

 

 

 

 

 


MISSON Impossible

 


die Mission 753 zur Fehlersuche in unserer Folterkammer

Warum knackst es bei Sprachwiedergabe (Hörbuch) wenn der Hochtöner kaputt ist? Na ja, der einseitige Verlust von Höhen muss einem bei Männerstimmen nicht unbedingt auffallen, dafür würde man Geräusche wie Knackser umso leichter als "unpassend" heraushören. Eine Messung des Impedanzverlaufs war der 1. Schritt zur Lösung des Problems. Da die 753 über Bi-Amping-Anschlüsse verfügt konnte sogar der Impedanzverlauf für die Bässe und Höhen getrennt ermittelt werden. zunächst die "heile" Box:

Was sehen wir da? Im Bassbereich sieht es unten rum "komisch" aus - aber das muss uns jetzt erst mal nicht stören. Über 500 Hz steigt die Impedanz wegen der Spule vor den Bässen kontinuierlich an. Beim Hochtöner ist es genau umgekehrt: durch den Kondensator vor dem Hochtöner steigt die Impedanz zu tiefen Frequenzen an. So weit, so gut. Und wie sieht die Box mit defektem Hochtöner aus?

Uiuiui, was ist denn da los? Der Hochtöner hat doch keinen Durchgang, wie kommen dann 0,8 Ohm zustande? Da das Schicksal durchgebrannter Hochtöner schon andere 753-Besitzer ereilt hat (s. Post1, Post2, Post3, Post4, Post5,) war schnell eine Weichenschaltung der MISSION 753 ergoogelt:

Und ebenso schnell war der Hochtonzweig mit Boxsim simuliert. Als Hochtöner haben wir einfach einen SC 4 ND genommen - einen der wenigen 4 Ohm-Hochtöner im VISATON-Programm:

Das folgende Bild zeigt die Impedanz mit und "ohne" (= defektem) Hochtöner:

Tatsächlich, ein defekter Hochtöner verursacht ein gefährliches Impedanzminimum! Wenn man sich den Hochtöner weg denkt sieht der Verstärker nur einen Serienschwingkreis aus dem Vorwiderstand von 0.5 Ohm, dem 6.8 uF-Kondensator und der 0.3 mH-Spule.

Man sollte daher immer auch mal simulieren, was der Verstärker für eine Impedanz sieht wenn ein Chassis defekt ist!
Vorwiderstände können da ganz hilfreich sein, aber auch ein Widerstand parallel zum Chassis mit ca. 10-fachem Wert des Gleichstromwiderstands entschärft das Problem.

Das "Knacksen" war also offensichtlich das "Ächzen" des Verstärkers in Anbetracht der gefährlich niedrigen Last. Es kamen hier "puristische" Mono-Endstufen zum Einsatz, die offensichtlich nicht entsprechend kurzschlussfest bzw. abgesichert waren. Ein kurzer Klirrfaktorcheck zeigte aber später, dass sie es überstanden hatten ;-).

 


 

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt:

So, nun aber zur Reparatur des Hochtöners. Die erste Idee war natürlich beim Hersteller nach einem Ersatzchassis anzufragen. Leider waren das aber nicht die ersten Hochtöner einer 753 die weltweit defekt waren, und so waren MISSION mittlerweile die Ersatzchassis ausgegangen. Die 753 wird ja auch immerhin schon seit 1994 gebaut, ist also bis zu 15 Jahre alt, da kann das schon mal passieren.

Im Internet findet man, dass der Hochtöner wohl von PEERLESS stammen soll. Der Produktcode zeigt deutliche Ähnlichkeiten mit dem der PEERLESS-Chassis:

Aber an PEERLESS-Chassis kommt man im Moment auch nicht so gut heran, nachdem PEERLESS zu Tymphany gehört. Intertechnik macht einen PEERLESS-Resteverkauf. Da gibt es zwar einen DT25SN/4, aber aus den Daten kann man nicht entnehmen ob die Schwingeinheit kompatible ist. Und Herr Lommersum von ASE hat nur noch einen PEERLESS-Hochtöner im Programm (HDS DT26/08), der ganz anders aussieht und viel größer ist. Da blieb nur eine Lösung: ein anderes Chassis musste her.

Die Abmessungen der Frontplatte waren aber so ungewöhnlich (dazu ist die Einbauöffnung unsymmetrisch und mit 65 mm recht klein), dass eigentlich nur übrig blieb die Frontplatte beizubehalten und nur die Antriebseinheit auszutauschen. Hier war der limitierende Faktor aber die Einbauöffnung und die Befestigungsvorrichtung für den alten Hochtöner, so dass Chassis wie der MONACOR DT-25N, DT-28N oder auch der DAYTON ND 28F-6 ausschieden.

Neben der Einbausituation musste ja auch noch die akustische Funktion stimmen. Messungen am heilen Exemplar zeigten, dass der Hochtöner noch bis 1500 Hz anteilig Schalldruck liefern und einen Wirkungsgrad von ca. 91 dB/2.83V/m haben muss - da kann man auch nicht jeden nehmen. Zumal der alte es ja nicht überlebt hatte.

Schließlich fiel uns der neue MONACOR DT-284S ein. Der passt mit seinem Mini-Schraub-Gehäuse mechanisch wunderbar in die Frontplatte, hat genug Wirkungsgrad und bringt sogar wieder ein Schutzgitter mit. Sein "Vorgänger" DT-284 mit der etwas ausladenderen und martialisch anmutenden Befestigung hatte ja schon in der BigLine gezeigt, dass er kein Kind von Traurigkeit ist:

Um den Hochtöner aber (auch optisch) gut in die Frontplatte zu bekommen bedarf es einiger, genau geplanter Umbaumaßnahmen.


man ahnt es schon, jetzt rücken wir der Frontplatte auf den Pelz


die überflüssigen "Öhrchen" müssen ab


mit einer kleinen Lochkreissäge zentriert und fixiert man die Frontplatte auf einem Brett



nun steckt man ein 50 mm Lochkreissägeblatt in den Adapter und sägt vorsichtig die Öffnung


und schon hat man eine Bohrung in die der CarPower DT-284S passt


von hinten wird der Hochtöner mittels Ring verschraubt, SEHR praktisch


das Ergebnis kann sich sehen lassen wie wir meinen


ein paar Heißklebepunkte am Ring des Hochtöners stabilisieren das Ganze


wenn man es nicht wüßte, könnte man denken das war schon immer so

Nach Einbau des Hochtöners wurde noch schnell ein Boxsim-Modell gemacht bestehend aus der fertigen Bass-/Mitteltonsektion mit Weiche (die quasi unbeschaltet übernommen wurde) und dem direkt durchlaufenden "gepimpten" Hochtöner. In schwarz ist außerdem die Kombination nach modifizierter Weiche abgebildet:

Die Weichenmodifikation hielt sich in erfreulich geringen Grenzen. Der Kondensator und die Spule waren mit Heißkleber in Versteifungen des Kunststoffterminals verklebt, da wäre ein Austausch kaum machbar gewesen. so musste - zum Glück - nur ein Vorwiderstand von 2.2 Ohm eingefügt werden, was auch dem weniger geübten Löter auf Anhieb gelingen sollte.

Der Frequenzgang ist zwar nicht perfekt, aber die Überhöhung bei 5 kHz kommt durch die Bass-/Mittelton-Sektion, deren Überarbeitung eine komplett neue Weiche erforderlich gemacht und den Rahmen einer "preiswerten Instandsetzung" deutlich überschritten hätte. Diese kleine Überhöhung fiel beim Musikhören auch nicht unangenehm auf, wahrscheinlich weil sie nur auf Achse auftritt und energetisch (also im Diffusschall am Hörplatz) nicht relevant ist.

Im Vergleich zur heil gebliebenen MISSION 753 zeigt die überarbeitete Variante den deutlich gleichmäßigeren Frequenzgang. Die 3 dB tiefe und 2 kHz breite Senke um 3 kHz war auf 2 dB abgemildert und die Box war in diesem Bereich insgesamt lauter, außerdem "fehlte" der heftige, 5 dB hohe Peak um 11 kHz. Dadurch war das Klangbild etwas "knackiger" und weniger englisch "bauchig", was dem Besitzer besser zu gefallen wusste.


 

Fazit:

  1. Ein defekter Hochtöner kann ungeahnte Auswirkungen auf den Impedanzverlauf haben!
  2. Wenn es keine Ersatzchassis gibt ist trotzdem nicht alles verloren. Bei hochwertigen Boxen lohnt sich eine Instandsetzung auf jeden Fall!
  3. Das Team aus ARTA und Boxsim ist ideal für so eine "MISSION impossible"


das fertige Stück vor der TRIO, KONTRA und einer XTZ 99.36