Die 50 mm Spezialisten
Mitte der 70er bis Mitte der 80er Jahre - in der Blütezeit des Lautsprecherselbstbaus - war die Welt noch einfach: eine gute Box hatte 3 Wege - und eine Mitteltonkalotte! Am besten eine mit 50 mm Kalottendurchmesser! |
Der 2. Frühling der Mitteltonkalotten?
Mitte der 70er bis Mitte der 80er Jahre - in der Blütezeit des Lautsprecherselbstbaus - war die Welt noch einfach: eine gute Box hatte 3 Wege - und eine Mitteltonkalotte! Am besten eine mit 50 mm Kalottendurchmesser!
Danach dominierten zunehmend Konuslautsprecher den Mitteltonbereich. Sie waren preiswerter herzustellen (kleinere Magnete), wurden am oberen Übertragungsende zusehends resonanzärmer und konnten schon immer den Grundtonbereich besser wiedergeben. Durch eine temperaturfestere Verklebung der Schwingspule und die Einführung von Ferrofluid nahm die thermische Belastbarkeit von Hochtonkalotten zu, so dass sie tiefer angekoppelt werden konnten. Damit wurde die "klassische" Mitteltonkalotte zunehmend überflüssig.
Solle im Hochtonbereich jedoch ein Bändchenhochtöner, Hochtonmagnetostat oder eine 19mm Kalotte mit einer Trennfrequenz von 4-5 kHz eingesetzt werden blieb die Kombination mit einem Konusmitteltöner jedoch kritisch. Hier agiert die Mitteltonkalotte einfach souveräner. Dafür sind die Anforderungen an den Basslautsprecher höher, der bis etwa 1 kHz auf dem hohem Niveau der Mitteltonkalotte spielen muss.
Geradezu ideal ist die 50 mm Mitteltonkalotte für 4-Wege-System. Ein "Klassiker" dieses Genres ist die "Wasserbox", die der Physiker Guido J. Wasser für den damals gerade durchstartenden Herbert Grönemeyer entwickelt und in einem ELEKTOR Sonderheft veröffentlicht hat. Im Hochtonbereich kam ein Magnetostat zum Einsatz, im Bassbereich ein 38er und dazwischen sorgte ein 17er für einen perfekten Grundtonbereich. Die Entwicklung einer passiven Frequenzweiche ist nicht ganz ohne, da die Übertragungsbereich recht klein sind und sich Hoch- und Tiefpassfilter gegenseitig beeinflussen. Die "Wasserbox" wurde denn auch folgerichtig aktiv aufgebaut.
Hart oder weich?
50 mm Kalotten gibt es mit Textilmembran (beschichtet und unbeschichtet) und mit Hartmembran (z.B. Titan). Sie haben meist eine Resonanzfrequenz um 400-500 Hz und können frühestens ab 800 bis 1000 Hz eingesetzt werden. Bedingt durch ihren Durchmesser fangen sie ab ca. 2.5 kHz an zu bündeln. Unser kleines Testfeld umfasst 2 "Softies" und 2 "Hardliner":
Bezeichnung | Membranmaterial | Fc [Hz] | Qtc [ ] | [dB/2.83V/m] | Preis [€] |
DAYTON RS52AN | Alu | 355 | 0.67 | 91.6 | 70 |
NOVA MD9550 | Textil (beschichtet) | 578 | 0.58 | 96.9 (4 Ohm) | 55 |
VISATON DSM50FFL | Titan | 429 | 0.43 | 90.6 | 94 |
VISATON G50FFL | Textil (beschichtet) | 463 | 0.56 | 89.4 | 84 |
Der Vergleich der Impedanzverläufe lässt auf Unterschiede am unteren Übertragungsende schließen:
Der Vergleich der Schalldruckpegel unter 0° offenbart deutliche Unterschiede am unteren (TSP) und oberen Ende (Membranmaterial) des Übertragungsbereichs:
Hinweis: die leichten Welligkeiten bei 2.3 und 4 kHz sind Reflexionen am Mikrofonhalter
Die DAYTON RS52AN ist besonders breitbandig. Er hat "unten rum" ganz klar die Kalotte vorn und bietet sich so am besten für einen Einsatz in einer 3-Wege-Kombination an. Bei 14 kHz gibt es eine saftige Überhöhung, die entsprechende Korrekturmaßnahmen erfordert. Außerdem sind negative Einflüsse auf den Klirrfaktor zu erwarten.
Der Frequenzgang der NOVA MD9550 sieht so aus als wäre eine Weiche schon eingebaut. Der Abfall bei hohen und tiefen Frequenzen erfolgt sehr gleichmäßig. "Unten rum" ist mit "Minimalgehäuse" (die MD9550 ist von Hause aus hinten offen) nicht besonders viel los. Dafür glänzt die NOVA MD9550 mit einem sehr hohen Spannungswirkungsgrad, selbst wenn man als 4 Ohm Chassis 3 dB abziehen muss.
Die VISATON DSM50FFL hat einen sehr gleichmäßigen Frequenzgang, ist allerdings erst oberhalb von 1 kHz voll da. Die Membranresonanz bei 9 kHz ist recht gut bedämpft. Beides zusammen schränkt den Einsatzbereich stark ein, so dass die DSM50FFL für 4-Wege-Systeme prädestiniert ist (z.B. VISATON ATLAS Kompakt Mk V). Die DSM50FFL ist schon sehr lange im VISATON-Programm und "strömungstechnisch" nicht auf der Höhe der Zeit. Bei einem mittleren Pegel von 95 dB zischt sie unterhalb von 800 Hz vernehmlich.
Die VISATON G50FFL ist recht breitbandig ausgelegt, zeigt jedoch etwas höhere Welligkeiten im Frequenz- und Impedanzgang (1.4 kHz). Sie ist die leiseste des Feldes und stellt den Bass eines 3-Wege-System Dank tiefer Grenzfrequenz vor keine unlösbaren Aufgaben. Die G50FFL ist ebenfalls schon sehr lange im VISATON-Programm und "strömungstechnisch" nicht auf der Höhe der Zeit. Bei einem mittleren Pegel von 95 dB zischt sie unterhalb von 800 Hz vernehmlich. Im Gegensatz zu den 3 obigen Chassis hat sie keinen Berührungsschutz. Daher ist eine Frontbespannung vorzusehen.
Bei den Klirrfaktoren entscheiden die "moderneren" Konstruktionen das Rennen klar für sich. Hier wurde mehr auf eine ausgeklügelte Belüftung geachtet. Die beiden VISATON-Kalotten weisen einen K3-Buckel bei 3 kHz auf - also mitten im vorgesehenen Übertragungsbereich.
Detailierte Daten zu den Chassis enthalten unsere Datenblätter (nur für Abonnenten). Diese enthalten auch alle benötigten Informationen (s. So werden Lautsprecherchassis von HiFi-Selbstbau gemessen) um ein Boxsim-Modell zu erstellen. Wie das geht wird in unserem Artikel ARTA-Messungen in Boxsim-Projekten nutzen erläutert.
Fazit:
Die DAYTON RS52AN ist das Allround-Talent des Testfeldes und die NOVA MD9550 ist sehr gutmütig und preisgünstig. Etwas weniger gutmütig und allroundig ist die VISATON G50FFL und der größte Spezialist ist die VISATON DSM50FFL, die eigentlich nur in einem 4-Wege-Konzept optimal eingesetzt werden kann.
Die Klirrfaktoren der moderneren Konstruktionen liegen von knapp 1 bis 4 kHz deutlich unter denen guter Konusmitteltöner und die Frequenzganglinearität und das Rundstrahlverhalten ist in dem Frequenzbereich ohnehin kaum zu toppen. Für höchstwertige 3- und insbesondere 4-Wege-Konzepte sind auch heute noch 50mm Kalotten 1. Wahl . . .