Stehende Wellen ade

Für viele Arten von Musik ist ein ordentliches Bassfundament ein wesentlicher Bestandteil. Leider meint es die Raumakustik nicht gut mit den HiFi-Fans, die konservierte Musik in den eigenen 4 Wänden genießen wollen und beschert uns sogenannte stehende Wellenoder Raummoden.

Bei diesen Frequenzen kommt es zu einem "Aufschaukeln" der Energie und damit zu einer dröhnenden Basswidergabe. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Situation zu verbessern (gestaffelt nach dem Grad der Wirksamkeit):


  1. man hört nur noch im Freien ;-)
  2. man überträgt den Bassbereich über ein Double Bass Array
  3. man entzieht dem Raum nur im Bereich der stehenden Wellen Schallenergie (z.B. mit einem Helmholtz-Resonator oder Plattenabsorber)
  4. man reduziert die Anregung bei den betreffenden Frequenzen

Die Lösung 1 ist in der Regel nicht praktikabel und die Lösungen 2 und 3 erfordern z.T. einen hohen baulichen Aufwand - wenn sie überhaupt im verfügbaren Hörraum realisierbar sind. So bleibt für viele "nur" die Lösung 4. Zum Glück gibt es heute ja schon eine Menge Geräte, die so etwas können, seien es automatische Einmesssysteme von AV-Receivern oder parametrische Equalizer (kurz PEQ: dort kann man die Frequenz, die "Höhe" [dB] und die "Breite" [Güte] der Absenkung frei einstellen). Diese Lösung hilft zwar, die schlimmsten Auswirkungen der stehenden Wellen zu entschärfen, treibt den Teufel (= stehende Welle) aber mit dem Beelzebub aus (= der Direktschall stimmt nicht mehr).

Basswiedergabe in geschlossenen Räumen:

Wenn ein Lautsprecher Schall erzeugt erreicht uns der Schall zunächst auf dem kürzesten Wege - dem direkten Weg. Daher nennt man das auch Direktschall. Einen idealen Lautsprecher vorausgesetzt wäre die Welt jetzt (noch) in Ordnung. Der Lautsprecher strahlt aber in alle Richtungen ab, und einige der "Schallstrahlen" erreichen uns über eine oder mehrere Reflexionen auf Umwegen und kommen daher etwas "später" an. Die Summe aller Reflexionen die von allen möglichen Seiten mehr oder weniger zufällig auf uns treffen nennt man Diffusschall.

Und wie empfindet das Ohr das? Hier kommt der sogenannte Präzedenz- oder auch HAAS-Effekt bzw. das Gesetzt der ersten Wellenfront zum Tragen.

Bei einer stehenden Welle im Bassbereich dauert das Abklingen aber z.T. sehr lange. In 100ms legt der Schall zwar 34 m zurück, das entspricht aber in einem 6.8 m langen Raum "nur" 5 Reflexionen. Wenn die Schallwelle genau zwischen 2 Wände passt addieren sich die Reflexionen "optimal" mit dem Direktschall und schaukeln sich (bis auf einen bestimmten Pegel) auf statt dem Entfernungsgesetz zu gehorchen und immer leiser zu werden.


Das Aufschaukeln dauert natürlich mehrere Reflexionen, der höchste Pegel tritt also "zu spät" auf, die Basswiedergabe "hinkt hinterher", erscheint zu "langsam" - und wegen der Reflexionen natürlich auch zu laut. Daran ist übrigens nicht der Lautsprecher schuld, sondern einzig und allein der Raum!

Was passiert nun, wenn man den Anregungspegel so korrigiert, dass der Schalldruck im eingeschwungenen Zustand (also Direktschallkorr + Diffuschallkorr) dem ursprünglich gewünschten Direktschallsoll entspricht? Dann ist:

  • der Direktschallkorr zu leise :-(,
  • der maximale Schalldruck tritt immer noch "zu spät" auf :-(,
  • ist aber nicht mehr zu laut :-)

Eine perfekte Lösung ist das also nicht, aber sie ist im Prinzip relativ einfach zu realisieren:

  1. man nehme ein Messsystem,
  2. messe den Frequenzgang am Hörplatz,
  3. berechne die benötigte Absenkung bei den "Dröhnfrequenzen",
  4. baue oder "programmiere" ein entsprechendes Filter
  5. und schleife es in den Signalweg ein
Soweit die Theorie. Die meisten HiFi-Fans werden schon beim 1. Punkt einwenden "hab ich nicht, kann ich nicht" (dem entgegnen wir allerdings: "Messen: kann nicht........gilt nicht!). Die Leute mit einem AV-Receiver mit automatischer Einmessung haben im Prinzip alles an Bord - wenn die Korrektur denn fein und genau genug wäre.

Genau da setzt ein interessantes Kästchen aus Finnland an, das AntiMode 8033 von DSPeaker, in Deutschland vertrieben durch AK-SoundServices.

Im Prinzip ist das AntiMode8033 ein vollautomatisches Mess- und Korrektursystem, das sich allerdings nur auf den besonders problematischen, tieffrequenten Bereich beschränkt. Es ist dazu gedacht in den Sub-out-Zweig eines AV-Systems integriert zu werden. Laut Bedienungsanleitung können zwischen 16 und 144 Hz bis zu 24 Anti-Mode-Filter auf 0.5 Hz gesetzt werden, wobei deren Güte fast beliebig groß sein kann und die maximale Dämpfung 96 dB beträgt. Das AntiMode8033 besitzt einen eigenen Tiefpass, der aber erst bei 160 (8033C) bzw. 240 (8033S) Hz einsetzt und als Besselfilter 2. Ordnung viel zu sanft ist um hohe Töne effektiv vom Subwoofer fern zu halten. Dafür ist ja ohnehin der AVR zuständig. Vom AntiMode8033 gibt es übrigens 2 Varianten:

  • die Variante 8033C kennt nur einen Eingangskanal, geht also davon aus, dass die Summierung von linkem und rechtem Kanal bereits (z.B. im AVR) stattgefunden hat
  • die Variante 8033S erlaubt 2 Eingangskanäle und erledigt die Summierung ggf. selbst. Es gibt jedoch wie beim 8033C nur ein gemeinsames Ausgangssignal
Beide Geräte stellen das Mono-Ausgangssignal sowohl mit 0° als auch invertiert (180°) zur Verfügung. Bei Nutzung des 180°-Ausgangs wird quasi eine Verpolung des Subwoofers simuliert. Bei Nutzung beider Ausgänge und entsprechender Verschaltung kann ein Stereoverstärker im Brückenbetrieb genutzt werden.

Neben der Korrektur der Raummoden ist auch eine Tiefbassanhebung zuschaltbar. Die LIFT-25-LED zeigt an, dass der Bereich von 15 bis 25 Hz um max. 7 dB bei 20 Hz angehoben wird. Die LIFT-35-LED zeigt an, dass der Bereich von 25 bis 35 Hz um max. 7 dB bei 30 Hz angehoben wird. Bei beiden Anhebungen wird ein Subsonic-Filter bei 10 Hz zugeschaltet


Messungen am AntiMode8033C

Zunächst einmal wurde der Frequenzgang des AntiMode8033C gemessen. Im Bypass-Modus (schwarze Kurve) wird das Signal einfach nur durch das Tiefpassfilter geschleift, alle anderen Frequenzgangbeeinflussungen bleiben außen vor. Um den Einfluss der Bassanhebung und des Subsonic-Filters zu messen muss das Gerät zunächst auf einen linearen Frequenzgang kalibriert, da der Besitzer des Gerätes bereits eine Korrekturkurve erstellt hatte. Das stellte sich als gar nicht so einfach heraus, das 0° Ausgangssignal wurde einfach in den Mic-Eingang gespeist. Das Ergebnis (rote Kurve) war dann aber leider kein linearer Frequenzgang.

Die Wirkung der EQs zeigt das folgende Bild:

Zunächst wurde die Wirkung von AntiMode mal "synthetisch" untersucht. Dazu wurde der Frequenzgang mit einem BEHRINGER UltraDrive Pro DCX2496 zunächst "verbogen" und dann geschaut, wie gut das AntiMode8033C den ursprünglichen Frequenzgang wieder herstellen konnte.


-> eine Überhöhung von 12 dB bei 50 Hz mit einer Güte von 10 wurde weitgehend perfekt linearisiert

Und wie sieht es aus, wenn gleich 3 schmalbandige Überhöhungen ausgeglichen werden müssen?


-> eine Überhöhung von 12 dB gleichzeitig bei 25, 50 und 100 Hz mit einer Güte von 10 wurde bei 50 und 100 Hz gut linearisiert

Das waren alles Fehler im Frequenzbereich, die gut bis sehr gut korrigiert wurden. Wie reagiert das AntiMode8033C aber auf Frequenzgangfehler, die durch Reflexionen im Zeitbereich entstanden sind? Dazu wurden zum Direktschall (0 dB) zwei Reflexionen (nach 4 m, um 4 dB abgeschwächt sowie nach 6 m, um 6 dB abgeschwächt) addiert. Im Zeitbereich sieht das dann so aus:

Im Frequenzbereich nun der Vergleich zwischen unkorrigiertem und korrigiertem Ausgangssignal:


-> im Bereich von 20-80 Hz wurde der Frequenzgang linearisiert (Standardabweichung sank von +/- 5.99 dB auf +/- 5.04 dB)

Offenbar arbeitet das AntiMode8033C nicht im Zeitbereich, dennoch wird eine Verbesserung im typischen Arbeitsbereich erzielt.

Zum Abschluss wurde noch der Frequenzgang eines realen Lautsprechers vorher und nachher gemessen:


-> die Spitzen werden gut gekappt, die "Löcher" werden richtigerweise nicht aufgefüllt
-> zwischen 20 und 100 Hz sinkt die Standardabweichung von +/- 3.42 dB auf +/- 1.87 dB

Auffällig ist, dass AntiMode 8033C nur dort korrigiert wo es nötig ist und die anderen Bereiche unbeeinflusst lässt!


Wie misst AntiMode 8033C?

Langsam, sorgfältig und daher reproduzierbar! Das Anregungssignal dauert pro Durchgang insgesamt ca. 58 Sekunden. Zunächst kommt ein etwas leiserer Signalteil (Gleitsinus linear von ca. 16 bis ca. 77 Hz), der ca. 38 sec. dauert (ca. 1.6 Hz/sec.), danach geht es etwa doppelt so laut und doppelt so schnell bis 144 Hz weiter::

Dieses Signal wird 4x wiederholt, eine komplette Einmessung dauert also ca. 4 min. Prinzipiell bietet AntiMode 8033C die Möglichkeit die Einmessung nicht nur an einem Punkt durchzuführen sondern durch eine Kalibrierung an einem 2. Punkt zu ergänzen. Dadurch wird die Entzerrung am ursprünglichen Ort zwar etwas weniger gut, dafür erstreckt sich die gute Entzerrung dann über einen größeren Bereich. Diese Korrekturvariante wurde nicht ausprobiert.

Generell fällt es sehr leicht der didaktisch gut gemachten deutschen Bedienungsanleitung zu folgen.


Fazit:

Das AntiMode 8033C kann die typischen Probleme im Übertragungsbereich eines Subwoofers durch entsprechende Reduzierung des Anregungssignals wirkungsvoll lindern. Die Korrektur ist punktgenau und dürfte den in vielen AVRs anzutreffenden automatischen Einmesssystemen bei weitem überlegen sein.

Die Korrektur bringt zwar in Bezug auf das Verhältnis Direktschall zu Diffusschall keine Verbesserung und auch die Nachhallzeit bei der Dröhnfrequenz wird objektiv nicht reduziert, die korrekte Reduktion des Diffusschallanteils stellt jedoch einen guten Kompromiss dar.

Die Bedienung ist relativ einfach, die Messung und Korrektur läuft automatisch ab und führt zu reproduzierbaren Ergebnissen. Der UVP von 275 € (inkl. Messmikrofon) erscheint in Anbetracht des Gebotenen günstig. Vergleichbare Eingriffe sind mit anderen Geräten (z.B. mit dem bereits oben genannten BEHRINGER UltraDrive Pro DCX2496 oder jedem anderen DSP-basierten Equalizer) zwar ebenfalls machbar, allerdings nicht so "kinderleicht" und "narrensicher".

Die zuschaltbare Bassanhebung ist inbesondere in Verbindung mit dem Subsonic-Filter praxisgerecht ausgelegt.

 

Kommentare

NADFreak13
7 jahre vor
Schade: Abgesehen von dem einfachen "Elektret-Mikrofon" (billig) was dem Set beiliegt, muß ich bemängeln, daß das Modul ein unerwünschtes Brummen im Subwoofer erzeugt, weil das Netzteil nur eine Wechselspannung liefert und sich im Antimode eine schnöde Mittelpunktsgleichrichtung befindet um +/- Gleichspannungen zu erzeugen. Ich habe alles zurückgegeben. Klanglich hat das Ganze auch Nichts gebracht - habe wohl keine Raum-Moden bei mir...

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